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Besuchermagnet. Touristen zieht es in Scharen zur Poseidon-Statue im archäologischen Museum von Athen. Aber die Reisebranche allein wird Griechenland nicht retten. Die deutsche Industrie hat mehr Unterstützung zugesagt.

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Unter Spannung: Wie die Märkte auf den Krisengipfel reagieren

Die Aktien steigen, der Euro erholt sich – die Märkte reagieren erleichtert auf den Krisengipfel in Brüssel.

Berlin - Noch fehlen viele Details zum neuen Rettungspaket für Griechenland. Die Märkte aber haben sich am Donnerstag schon einmal beruhigt. Offenbar hat allein die Tatsache, dass sich die Staats- und Regierungschefs nach wochenlangen Diskussionen zu einer Lösung durchringen wollten, stabilisierend auf die Kurse von Aktien, Anleihen und Euro gewirkt. Der Dax setzte – nach einem schwachen Start – seinen Erholungskurs fort und stieg bis Handelsschluss um ein knappes Prozent auf 7290 Punkte. An der Athener Börse stiegen die Aktien griechischer Banken um bis zu fünf Prozent.

Auch im Dax profitierten die Aktien von Banken und Versicherungsunternehmen am stärksten. Die Branche ist als einzige unmittelbar betroffen. Zum einen, weil die deutschen Banken Milliarden an den griechischen Staat verliehen haben. Sollte es jetzt zu einem Schuldenschnitt oder einem Rückkauf der Anleihen zu den aktuellen Niedrigpreisen kommen, könnte die Branche dies verkraften, zumal ein Teil dieser Kredite bereits abgeschrieben ist. Der Privatsektor will sich einem Dokument des Internationalen Bankenverbandes (IIF) zufolge mit 17 Milliarden Euro an einem zweiten Hilfspaket für Griechenland beteiligen. Weitaus teurer wäre ein Übergreifen der Krise auf große Märkte wie Spanien oder Italien. Hier sind vor allem die deutschen Finanzinstitute viel stärker engagiert als in Griechenland. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der auch Vorsitzender des IIF ist, war am Donnerstag ebenso in die Gespräche in Brüssel einbezogen wie sein Kollege von der französischen Großbank BNP Paribas, Baudouin Prot.

Auch der Kurs des Euro stieg am Donnerstag deutlich auf 1,4371 Dollar. „In Sachen Griechenland passiert endlich etwas – das wird am Devisenmarkt positiv aufgenommen“, sagte Rainer Sartoris, Devisenanalyst bei HSBC Trinkaus.

Positiv bewerteten Analysten auch die erneute Platzierung von spanischen Staatsanleihen auf dem Kapitalmarkt – und das, obwohl den Inhabern von griechischen Anleihen nun ein Verlust drohen könnte. Schließlich war dies die größte Angst der Politiker: dass die griechische Krise auf andere, hochverschuldete Länder überspringt und die Anleger diesen aus Angst vor weiteren Schuldenschnitten kein Geld mehr leihen. Insgesamt lieh sich Spanien am Donnerstag etwa 2,6 Milliarden Euro bei den Investoren. Die Zinsen sind allerdings leicht gestiegen: Am Donnerstag lag die Rendite für zehnjährige spanische Staatsanleihen bei 5,896 Prozent. Im Juni waren es noch 5,352 Prozent. Die Rendite setzt sich zusammen aus dem Kurs, zu dem die Anleihe am Markt gehandelt wird und den Zinsen, die das Land für Kredite bezahlen muss. Je größer das Vertrauen der Anleger in die Zahlungsfähigkeit eines Schuldners, desto niedriger ist die Rendite.

Die deutsche Industrie hat unterdessen ihren Willen bekundet, Griechenland beim Aufbau seiner schwächelnden Wirtschaft zu unterstützen. „Die Bereitschaft der deutschen Industrie, die Beziehungen zu Griechenland zu intensivieren, ist grundsätzlich hoch“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber am Donnerstag bei einer Veranstaltung des Verbandes, auf der es um Investitionsmöglichkeiten in Griechenland ging. „Es ist entscheidend für Griechenlands Zukunft, Investitionen ins Land zu holen“, sagte Kerber.

Zentrale Aufgabe der Regierung in Athen sei es daher, die Rahmenbedingungen für Investitionen attraktiv zu gestalten und die Liberalisierung in bislang geschützten Wirtschaftsbereichen voranzutreiben. Der BDI fordert unter anderem mehr Rechtssicherheit, den Abbau von Bürokratie und beschleunigte Verfahren für Gründer. Die Rückgewinnung der Schuldentragfähigkeit für Griechenland, um die es bei dem Euro-Gipfel ging, ist laut BDI zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für eine Stabilisierung des Landes. Vielmehr müsse gerade die Privatwirtschaft einen großen Beitrag leisten, um dem Land wieder bessere Perspektiven zu geben. An dem Treffen nahm auch Griechenlands Wirtschaftsminister Michalis Chrisochoidis teil.

Bisher hat Deutschland von der Hilfe für die Griechen profitiert: Der Bund hat für seine Kredite an Griechenland bis Mitte des Jahres knapp 200 Millionen Euro an Zinsen eingenommen. Wie ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Donnerstag mitteilte, sei der deutsche Kreditanteil an den Hilfen inzwischen auf 13,45 Milliarden Euro gestiegen. Bis zum 15. Juni hätten sich daraus 198 Millionen Euro an Zinsen ergeben. Insgesamt belaufen sich die europäischen Kredite für Griechenland inzwischen auf 65 Milliarden Euro. (mit rtr)

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