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Unternehmen: Ackermann ist ein Berliner

Der Chef der Deutschen Bank traut der Hauptstadt zu, Sitz europäischer Holdingkonzerne zu werden. Hohe Steuern und Gewerkschaftsräte im Aufsichtsrat ließen Deutschland als Unternehmensstandort bisher unattraktiv erscheinen.

Berlin - Josef Ackermann liebt die deutsche Hauptstadt. Seine Tochter lebt hier, gerade hat er zwei Wochenenden in Berlin verbracht und ist mit der Familie durch die Straßen spaziert. Sogar an den Kauf einer Wohnung denkt er. Doch der gebürtige Schweizer hat nicht nur persönliche Gründe, die ihn an Berlin glauben lassen. „Berlin steht dafür, was Deutschland in der Welt darstellen kann“, sagte der Deutsche-Bank-Chef am Dienstag bei einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK).

Einen konkreten Vorschlag, wie Berlin mehr aus sich machen kann, brachte Ackermann auch mit: Die Stadt solle zum Vorzeigestandort für europäische Holdinggesellschaften werden. Wenn sich Unternehmen zusammenschlössen, entstehe häufig ein neuer Konzernsitz. „Das wäre eine Chance für Berlin, sich zu einem großen Holding-Standort zu entwickeln.“ Bisher scheuten Unternehmen vor Deutschland zurück, weil sie hierzulande mehr Steuern zahlen müssten als anderswo und im Aufsichtsrat mit Gewerkschaftsvertretern zu kämpfen hätten. „Für Ausländer ist das sehr schwer zu verstehen“, sagte der Banker. Sein Vorschlag: Holdings bis zu einer bestimmten Größe von der Mitbestimmung ausnehmen und ihre Steuerlast deutlich senken.

Stets Vorbild in der Wirtschaft: USA

Ein Vorbild könne der US-Bundesstaat Delaware sein, der sich zu einem führenden Holding-Standort entwickelt hat. Für Berlin spreche auch das große Kultur- und Unterhaltungsangebot. „Da könnte Berlin eine außerordentlich tolle Rolle spielen, weil es so ein attraktiver Standort ist.“ Die deutsche Hauptstadt sei neben London, Paris und Moskau eine der vier Weltstädte Europas. Auch deswegen habe die Deutsche Bank die Berliner Bank im vergangenen Jahr gekauft. „Wir sind froh, dass wir in Berlin eine gute Position haben.“ Doch dämpfte der Manager allzu euphorische Reaktionen: „Eine Fantasie“ sei sein Vorschlag bisher, mehr nicht.

Die mehr als 300 Zuhörer applaudierten dennoch begeistert – und nach mehrfacher Nachfrage äußerte Ackermann sich auch zu seiner persönlichen Zukunft. Zwar bestätigte er nicht, dass die US-Banken Citigroup oder Merrill Lynch ihn umwerben, aber seine Worte konnte man fast schon als Absage verstehen: „Ich bin gerne in Deutschland.“ In einer „sehr schwierigen Zeit meines Lebens“ habe das Land und vor allem die Deutsche Bank hinter ihm gestanden. „Ich glaube, dass ich das nicht vergessen werde“, sagte er mit Blick auf den Mannesmann-Prozess, der gegen Geldauflagen schließlich eingestellt worden war.

Länger als bis 2010 bleibe er aber nicht bei der Deutschen Bank, stellte Ackermann klar. Dann wolle er in Ruhestand gehen und der Gesellschaft „etwas zurückgeben“. Auch über eine eigene Stiftung denke er nach. „Das wäre eine Möglichkeit, wenn man mal einen runden Geburtstag feiert.“ Im Februar wird er 60.

Stefan Kaiser

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