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Wirtschaft: Unternehmer sehen Chance zum Aufbruch

Auch die Gewerkschaften setzen in die Neuwahlen große Hoffnungen – Börse reagiert mit Kurssprung

Berlin - Die Ankündigung von Neuwahlen hat in der Wirtschaft für Erleichterung gesorgt. Führende Verbände äußerten die Hoffnung, dass es bald Klarheit über den Reformkurs geben werde. „In den letzten Wochen gab es zu viele widersprüchliche Signale“, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt. Die Gewerkschaften verbinden mit den Neuwahlen hingegen die Hoffnung auf eine sozialere Politik. „Nur wenn die Sozialdemokratie einen Politikwechsel einleitet, wird sie das Vertrauen der Arbeitnehmer zurückgewinnen“, sagte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Peters. Die Börse reagierte auf das Vorziehen der Wahlen positiv: Bis zum Handelsschluss legte der Dax um 1,06 Prozent auf 4406,95 Punkte zu.

Auch die einzelnen Branchen begrüßten die Neuwahlen. „Wir hoffen auf ein Aufbruchsignal zur Überwindung der Lethargie in Deutschland“, sagte der Präsident des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels, Hermann Franzen. Auch der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk, erklärte, man müsse die Neuwahlen „als Chance begreifen“. Gottschalk warnte aber angesichts der Kapitalismus-Diskussion vor einer Polarisierung im Wahlkampf: „Deutschland braucht neue Arbeitsplätze, aber keine neue Systemdiskussion.“

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels (BGA), Anton Börner. „Die SPD muss sich nun entscheiden: Klassenkampf oder Marktwirtschaft.“ Der Hauptgeschäftsführer des Verbands des Maschinen- und Anlagenbaus (VDMA), Hannes Hesse, erklärte, dass die mittelständische Industrie bei einem Lagerwahlkampf mit anschließendem Linksruck Deutschland den Rücken kehren werde. Die Energiebranche wiederum setzt große Erwartungen in die Neuwahlen. „Wir hoffen auf mehr Realismus und weniger Bürokratie“, sagte ein Sprecher des Verbands der Netzbetreiber dem Tagesspiegel.

IG Metall-Chef Peters stellte hingegen klar, dass die Programmatik der CDU keine Alternative zum Kurs der SPD darstelle. „Das Zehn-Punkte-Programm der CDU ist ein einziger Angriff auf die Arbeitnehmer und ihre Rechte.“ DGB-Chef Michael Sommer erklärte, dass die Parteien das Vertrauen der Wähler nur gewinnen könnten, „wenn die Ängste der Menschen ernst genommen werden und sich in konkreter Politik niederschlagen“.

Wirtschaftsexperten sehen dagegen die Chancen auf rasche Strukturreformen nun steigen. Ein Regierungswechsel würde der Union die Möglichkeit zu „durchgreifenden“ Reformen geben, sagte Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld. Auch der Chef des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hält nun „die Gefahr von anderthalb Jahren Stillstand“ für gebannt. Das in Berlin ansässige Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erklärte sogar, die vorgezogenen Wahlen könnten wie ein „Befreiungsschlag“ wirken.

Etwas skeptischer zeigte sich das Münchner Ifo-Institut. Dessen Konjunkturexperte Gernot Nerb rechnet nicht mit einem raschen Stimmungsaufschwung. Ähnlich äußerte sich das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI).

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