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Urteil: EU-Gericht schützt deutsche Apotheker

Es bleibt dabei: Nur selbstständige Pharmazeuten dürfen Apotheken besitzen. Für Handelsketten wie Doc Morris ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs eine Niederlage.

Anders als in Großbritannien oder Norwegen bleiben Kettenapotheken in Deutschland auch künftig verboten. Inhaber einer Apotheke muss, wie bisher auch, ein selbstständiger Pharmazeut sein, Kapitalgesellschaften wie Doc Morris bleibt dieses Recht dagegen verwehrt. Das hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag in Luxemburg entschieden (Az: C 171/07) und damit den klagenden Apothekern recht gegeben. Der Deutsche Apothekerverband und Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) begrüßten das Urteil. Kritik kam von den Grünen, die auf mehr Wettbewerb drängen. Auch die Börse kommentierte das Urteil: Der Aktienkurs von Doc-Morris-Eigentümer Celesio (siehe Kasten) verlor am Dienstag bis zu 13,7 Prozent.

Mit der Entscheidung zugunsten der Apothekerschaft ist der EuGH seinem Generalanwalt Yves Bot gefolgt. Bot hatte schon im Dezember 2008 in seinem Plädoyer im deutschen Apothekenrecht keinen Widerspruch zum EU-Recht gesehen. Der Generalanwalt war allerdings im Vorfeld kritisiert worden, weil seine Frau und seine Tochter Apothekerinnen sind.

Der EuGH bestätigte in seinem Urteil nun das deutsche Fremdbesitzverbot. Danach dürfen nur zugelassene Apotheker eine Apotheke und maximal drei Filialen besitzen und betreiben, nicht aber Kapitalgesellschaften wie Doc Morris. Dies sei im Interesse des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt, urteilte das Gericht und gab damit dem deutschen Apothekenrecht Vorrang vor dem Europarecht, das Unternehmen Niederlassungsfreiheit garantiert. Zur Begründung verwiesen die Richter auf „den ganz besonderen Charakter der Arzneimittel“. Angesichts ihrer medizinischen Wirkung unterschieden sich diese grundlegend von anderen Waren. Daher sei es legitim, wenn Staaten versuchten, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung zu verhindern und eine hochwertige Arznei-Versorgung so weit als möglich bereitszustellen. Am ehesten trauen die Richter dies selbstständigen Apothekern zu. „Die Apotheke im Eigentum des Apothekers sichert in Deutschland eine von Kapitalmarktinteressen unabhängige Arzneimittelversorgung“, hieß es in der Begründung.

Der EuGH entschied damit einen Rechtsstreit, den die Apothekerverbände gegen das Saarland führen. 2006 hatte das Land der Celesio-Versandapothekentochter Doc Morris die Gründung einer Apotheke erlaubt. Auch Drogerieketten und andere Konzerne hatten das Urteil mit Spannung erwartet. Sie hatten gehofft, sich nach einer Liberalisierung größere Anteile am lukrativen Arzneimittelmarkt sichern zu können. Schlecker und andere bieten schon jetzt Abholstationen für Arzneimittel an, die aber von Versandapotheken geliefert werden.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände begrüßte das EuGH-Urteil am Dienstag als „eine klare Absage an Handelsketten und an Heuschrecken, die in einem hochsensiblen Versorgungsmarkt nichts zu suchen haben“. Die Apotheke im Eigentum des Apothekers sichere in Deutschland „eine von Kapitalmarktinteressen unabhängige Arzneimittelversorgung“, kommentierte Gesundheitsministerin Schmidt.

Nach Einschätzung von Verbraucherschützern wird sich für Patienten nichts ändern. „Doc Morris und andere sorgen auf Umwegen schon jetzt für mehr Wettbewerb“, sagte Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Ein Preisvergleich habe gezeigt, dass der deutsche Apothekenmarkt dort in Bewegung gekommen sei, wo Doc-Morris-Partner den stationären Apotheken mit Dumpingpreisen Konkurrenz mache. Doc-Morris-Chef Ralf Däinghaus kündigte am Dienstag an, sein Franchise-Geschäft in Deutschland weiter auszubauen. „Auch ohne die gefürchteten Apothekenketten wird der Wettbewerb im Apothekenmarkt weiter zunehmen und die Existenz vieler Apotheken gefährden“, meinte auch Rainer Walter Schell, Geschäftsführer der Apotheken-System-Vertriebsgesellschaft Avie.

Maren Peters

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