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Kleiner Marktanteil, großer Schaden. Der Diesel-Skandal könnte in den USA für Volkswagen teuer werden.

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US-Anwalt zum VW-Skandal: „10.000 Betroffene haben uns angerufen“

In den USA drohen Volkswagen hohe Strafen und Schadenersatzforderungen. Im Tagesspiegel-Interview erläutert US-Top-Anwalt Steve Berman Erfolgschancen und mögliche Kosten für den Konzern.

Herr Berman, Ihre Kanzlei vertritt die Klage von Autobesitzern gegen den VW- Konzern in den USA. Wie viele VW-Kunden haben Ihnen das Mandat übertragen?

Um die 10 000 Betroffene haben uns angerufen. So etwas haben wir noch nie erlebt. Als Klienten haben wir 3500 unter Vertrag. Wir halten alle, die sich gemeldet haben, auf dem Laufenden. In Amerika braucht es – anders als in Deutschland – nur ein oder zwei Kläger in einer Klage. Wir haben Sammelklagen für Konsumenten aus jedem Bundesstaat eingereicht.

Und wie viele Sammelklagen gibt es insgesamt in den USA?

Es sind Hunderte.

Hunderte? In welcher Größenordnung, eher 200 oder eher 800?

Näher zu 200. Und auch diese werden alle irgendwann zu einer Klage zusammengeführt und zu einem Gericht geschickt.

Steve Berman ist Partner der amerikanischen Anwaltskanzlei Hagens Bermann in Seattle im US-Bundesstaat Washington. Die Kanzlei ist auf Verbraucherschutz spezialisiert, eine der führenden Firmen für Sammelklagen und beschreibt ihr Mandantenspektrum mit „Investoren, Verbraucher, Entwickler, Arbeiter, die Umwelt, Regierungen, Whistleblower und andere“. babs
Steve Berman ist Partner der amerikanischen Anwaltskanzlei Hagens Bermann in Seattle im US-Bundesstaat Washington. Die Kanzlei ist auf Verbraucherschutz spezialisiert, eine der führenden Firmen für Sammelklagen und beschreibt ihr Mandantenspektrum mit „Investoren, Verbraucher, Entwickler, Arbeiter, die Umwelt, Regierungen, Whistleblower und andere“. babs

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Welche Summe muss VW nach Ihrer Einschätzung mit Blick auf die Sammelklagen an Kunden zahlen?

Die Zahlen kann man nur schwer zusammenrechnen, solange wir nicht wissen, was VW machen muss, um die Autos umzurüsten. Wenn die Umrüstung die Performance der Autos ernsthaft beeinträchtigt, dann werden die Kunden einen Rückkauf wollen. Und das kann VW dann zwischen fünf und zehn Milliarden Dollar kosten.

Und dazu kommt noch die strafrechtliche Verfolgung. Es gibt Gerüchte, Volkswagen sei dabei, sich mit der Regierung auf eine Milliarde Dollar zu einigen. Das Maximum wären 18 Milliarden. Stimmt das?

Wir wissen zumindest, dass in anderen Verfahren General Motors 900 Millionen Dollar Strafe zahlen muss, Toyota 1,2 Milliarden. Das sind immerhin Größenordnungen. In diesen Fällen gab es aber Sicherheitsprobleme und es sind Menschen gestorben. Das ist schwerwiegender. Aber die Umwelt zu verpesten, ist auch schwerwiegend. Die US-Umweltbehörde EPA, das wissen wir jedoch, geht selten bis zum Maximum. Eine 18-Milliarden-Strafe würde VW in den USA ruinieren. Das würde keinem nutzen. Millionen Amerikaner fahren VWs. Ich denke nicht, dass die Regierung Interesse daran hat, VW zu ruinieren.

Sie haben neben der Entschädigungsfrage noch eine separate Klage in Kalifornien eingereicht, die den unmittelbaren Rückkauf fordert. Was ist die Grundlage?

Unter dem speziellen kalifornischem Gesetz muss ein Autobauer eine Garantie dafür abgeben, dass die Abgaswerte die Vorgaben Kaliforniens einhalten. VW hat diese nicht eingehalten. Wenn der Hersteller die Garantie nicht einhalten kann, muss er die Autos zurücknehmen. VW hat zugegeben, das nicht hinzubekommen. Also müssen sie das Geld zurückzahlen.

Wie lang ziehen sich die Prozesse hin?

Das hängt ganz davon ab, wie lange Volkswagen braucht, um eine Lösung zu präsentieren. Dann kann man erst zu einer Einigung kommen.

Welches Auto fahren Sie persönlich?

Ich fahre einen BMW. Aber ich besitze tatsächlich auch drei VW-Diesel. Ich habe zwei gekauft als meine Kinder das College abschlossen. Ich habe wirklich an das Konzept des grünen Diesels geglaubt. Und meine Firma wollte eine Marke, die mit der Umwelt assoziiert wird, die zu unserem Umweltimage passt. Also haben wir einen VW Jetta gekauft.

Steve Berman ist Partner der amerikanischen Anwaltskanzlei Hagens Bermann in Seattle im US-Bundesstaat Washington. Die Kanzlei ist auf Verbraucherschutz spezialisiert, eine der führenden Firmen für Sammelklagen und beschreibt ihr Mandantenspektrum mit „Investoren, Verbraucher, Entwickler, Arbeiter, die Umwelt, Regierungen, Whistleblower und andere“.

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