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Wirtschaft: US-Autoindustrie: Hersteller rechnen mit härteren Umweltregeln

Vor kurzem versuchte General Motors (GM) beim US-Vize-Präsidenten mit seiner umweltfreundlichen Technologie Eindruck zu schinden. Eine Reihe GM-Manager führte Dick Cheney einen Kleintransporter vor, der teilweise mit Elektrizität angetrieben wird.

Vor kurzem versuchte General Motors (GM) beim US-Vize-Präsidenten mit seiner umweltfreundlichen Technologie Eindruck zu schinden. Eine Reihe GM-Manager führte Dick Cheney einen Kleintransporter vor, der teilweise mit Elektrizität angetrieben wird. Allerdings hatte der Vorstandschef G. Richard Wagoner Jr. einige Minuten zuvor sehr viel weniger umweltbewusst geklungen. GM hatte Cheney und mehrere republikanische Kongressabgeordnete auf einem privaten Treffen nahe Detroit vor den Folgen schärferer Umweltauflagen gewarnt. Würden die Anforderungen an die Kraftstoffeffizienz für Pick-Ups, Minivans und Geländewagen um 1,3 Kilometer pro Liter angehoben, müsste GM seine Produktion zurückfahren. Dank solch zweideutiger Botschaften, Streitigkeiten in der Branche und Fehlern in der Lobby-Politik, sinkt der Stern der US-Autobranche in Washington. Nachdem die Industrie während der Clinton-Ära die Anhebung von Kraftstoffeffizienz-Standards verhindern konnte, wird sie nun wohl eine Verschärfung der Umweltauflagen unter den wirtschafts-freundlichen Republikanern hinnehmen müssen.

Im Oktober läuft eine Klausel des Kongresses aus, welche die KraftstoffeffizienzStandards eingefroren hatte. Nun erwägt der Kongress eine Anhebung der Standards im Zusammenhang mit der Energiepolitik, die Bush im Mai vorgestellt hatte. Das Dilemma der Autobranche ist ein Lehrstück darüber, wie man das Einflussspiel in Washington gerade nicht betreiben sollte: Die Autohersteller unterließen es, einen ihrer wichtigsten Verbündeten in der Politik zu informieren, als sie ihre Lobby-Strategie veränderten. Zudem enttäuschten sie führende Republikaner, weil sie sich im Wahlkampf mit Spenden zurückhielten. Nicht zuletzt vertrauten die Autohersteller auf die Aussagen der neuen Regierung, sie werde sich bei der Frage der Kraftstoffeffizienz von einer Studie der National Academy of Sciences leiten, und diese werde vorteilhaft für die Autohersteller ausfallen.

Es sieht nun aber so aus, als ob die Studie eine erhebliche Anhebung der Umweltstandards befürworten wird. Das ist nicht alles: Die Autobranche agiert nicht mehr so geschlossen wie früher. Was noch entscheidender ist: Immer weniger Menschen in Washington glauben den Aussagen aus Detroit über das so genannte Corporate Average Fuel Economy-(CAFE)-Programm. Nach den CAFE-Regeln müssen Autohersteller eine bestimmte durchschnittliche Kraftstoff-effizienz bei ihren Autos erfüllen.

Als die Industrie sah, dass sie mit ihrer Argumentation der verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen höherer CAFE-Anforderungen nicht weiterkam, veränderte sie ihre Taktik. Der Branchenverband behauptet nun, eine Verschärfung der Umwelt-Auflagen werde die öffentliche Sicherheit gefährden und zu mehr tödlichen Unfällen führen. Damit verärgerten sie die Abgeordneten. Zudem ließ sich der Ausschuss für Energie und Handel im Repräsentantenhaus nicht beirren. Der Vorsitzende, der Republikaner W.J. Tauzin, einigte sich kürzlich mit den Demokraten, dem Energie-Gesetzentwurf von Bush einen Zusatz beizufügen. Dieser soll das Verkehrsministerium anweisen, den Benzinverbrauch bei Geländewagen, Pick-Ups und Minivans bis 2010 um 19 Milliarden Liter zu verringern - sei es mit einer Verschärfung der CAFE-Standards oder anderen Mitteln.

Kongressabgeordnete rechnen damit, dass dieser Zusatz noch verschärft wird. Immerhin haben sie wissenschaftliche Unterstützung: Denn die Studie der National Academy of Sciences wird wohl auch für eine Verschärfung der CAFE-Regelungen plädieren. Zumindest kommt ein Entwurf des Berichtes zu dem Schluss, dass es machbar ist, innerhalb von zehn Jahren den Kraftstoffverbrauch auf bis zu 12,6 Kilometer pro Liter zu verringern, ohne dass die Sicherheit oder die Wettbewerbsfähigkeit der US-Autohersteller gefährdet werde.

Beschlossen wurden die CAFE-Standards nach dem arabischen Öl-Embargo 1975. Schrittweise wurden darauf die Standards für Kraftstoffverbrauch für Autos von 7,6 Kilometer pro Liter bis 11,5 im Jahr 1985 effizienter gemacht. Für Leichttransporter galten bislang niedrigere Anforderungen: Anfang der 90er Jahre wurde gerade einmal ein Kraftstoffverbrauch von 8,4 Kilometer pro Liter verlangt. Daran störte sich lange Zeit niemand. Das hat sich jetzt aber verändert, da solche Fahrzeuge etwa die Hälfte aller neuen US-Wagen ausmachen. Clinton forderte 1995, die Kraftstoffeffizienz-Anforderung für Leichttransporter um 33 Prozent auf das gleiche Niveau wie Autos anzuheben. Er scheiterte an der Mehrheit der Republikaner im Kongress hatten.

Die Autoindustrie überzeugte die Abgeordneten, den jährlich festzulegenden Regelungen zum jährlichen Kraftstoffverbrauch eine Zusatzklausel anzufügen, die eine Anhebung der CAFE-Bestimmungen verbietet. Doch seit 2000 stoßen Umweltschützer mit ihrer Forderungen nach einer Anhebung der CAFE-Standards auf Gehör im Kongress. Das liegt daran, dass die Autohersteller in der Öffentlichkeit an Glaubwürdigkeit verloren - obwohl sie seit einem Jahr wie GM eigene Anstrengungen machen, den Kraftstoffverbrauch pro Liter zu senken. Ihre Argumentation, eine Verschärfung der Umweltregeln habe katastrophale Folgen für ihre Wettbewerbsfähigkeit, überzeugt nicht. Es ist keine Frage, dass die Verschärfung von CAFE für Autohersteller und Käufer höhere Kosten bedeuten würde. Doch es ist unwahrscheinlich, dass dies zu jenen verheerenden Folgen führen würde, die der GM-Chef Wagoner Cheney ausgemalt hat, sagen Auto-Manager. Denn der Anstieg würde über mehrere Jahre verteilt werden.

Jeffrey Ball[greg Hitt], Jim Vandhei

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