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US-Finanzkrise: Rettungspaket soll für Ruhe sorgen

Nach der Einigung auf die 700-Milliarden-Dollar-Hilfe hoffen Experten auf ein Ende der Panik. Doch immer noch stehen viele Banken unter Druck.

Washington/Berlin - Das am Sonntag verabschiedete Rettungspaket für die US-Banken wird Wirtschaftsexperten zufolge für Beruhigung an den Märkten sorgen. Mittelfristig sei nun eine Stabilisierung des Sektors in Sicht, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz, dieser Zeitung. „Das Paket kommt zur rechten Zeit, es ist dringend notwendig, trotz aller ordnungspolitischen Bedenken.“ Es werde zwar weiter schlechte Nachrichten geben, „aber die ganz großen Einschläge liegen hinter uns“.

Zusammen mit den individuellen Hilfen für die angeschlagenen Institute werde der Plan Wirkung zeigen, gab sich Heise überzeugt. Auch für die Konjunktur sei das Vorhaben wichtig. „Das Paket wird dazu beitragen, dass sich die Perspektiven nicht noch weiter eintrüben.“ In vielen Ländern, die am Rande einer Rezession stehen, könne das Paket für mehr Zuversicht sorgen.

Auch Uwe Angenendt, Chefökonom der BHF-Bank, begrüßte den Kompromiss. „Dieser Schritt war extrem wichtig, um die Nerven von Anlegern und Bankern zu beruhigen“, sagte er. „Jetzt dürfte es an den Märkten zumindest keine weiteren dramatischen Kursverluste geben.“ Ob das Paket reiche, die Krise zu beenden, sei aber zweifelhaft. „Auch Europa ist nun stärker von den Problemen betroffen – wie stark, ist noch schwer einzuschätzen." Auch der Internationale Währungsfonds IWF lobte den Plan. „Ohne die Maßnahme wäre die Gefahr einer Kreditklemme für die Unternehmen deutlich höher“, sagte IWF-Kapitalmarktchef Jaime Caruana dem „Handelsblatt“.

Am Sonntag war beim Streit zwischen Republikanern und Demokraten ein Durchbruch gelungen. „Ich glaube, dass wir angekommen sind“, sagte Finanzminister Henry Paulson. Die demokratische Sprecherin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, sagte, die Vereinbarung müsse noch aufgeschrieben werden. Auch die Bewerber um das Präsidentenamt, John McCain und Barack Obama, stimmten zu. Die nächsten Schritte sind die Zustimmung von Senat, Repräsentantenhaus und Präsident George W. Bush.

Die Einigung folgt dem Plan, den Bush vor einer Woche vorgelegt hat. Bis zur Übereinkunft hatte es schwierige Verhandlungen quer durch die politischen Lager gegeben. Dabei hatte insbesondere der Widerstand der Republikaner für Verzögerungen gesorgt. Dort wuchs die Kritik am Konzept ihrer eigenen Regierung, weil dieses eine Abkehr von marktwirtschaftlichen Prinzipien darstelle. Die Demokraten forderten stärkere parlamentarische Kontrollbefugnisse bei der Umsetzung und Hilfen für verschuldete Hausbesitzer. Außerdem pochten sie darauf, dass nicht allein der Steuerzahler die Zeche für das Fiasko an der Wall Street tragen muss.

Der demokratische Senator Kent Conrad aus North Dakota sagte, Fed-Chef Ben Bernanke habe im Kongress bei einem weiteren Fortgang der Krise den Verlust von drei bis vier Millionen Arbeitsplätzen binnen sechs Monaten prognostiziert. Die Politiker standen zusätzlich unter Zugzwang, da sich am Wochenende die Lage erneut zugespitzt hatte. Die zu den führenden US-Großbanken zählende Wachovia spricht nach Milliardenverlusten sowie einem Absturz an der Börse mit mehreren möglichen Kaufinteressenten. Dazu zählen die US-Konzerne Citigroup und Wells Fargo sowie die spanische Banco Santander, berichteten „New York Times“ und „Wall Street Journal“. Am Freitag war die größte US-Sparkasse Washington Mutual zusammengebrochen und vom Rivalen JP Morgan gekauft worden.

In Europa geriet die angeschlagene belgisch-niederländische Fortis weiter unter Druck. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, beriet mit Belgiens Premierminister Yves Leterme über die Zukunft des Finanzkonzerns. Der britische Baufinanzierer Bradford & Bingley steht zudem vor einer Verstaatlichung. Wegen riskanter Darlehen in Höhe von 52 Milliarden Euro habe sich kein privater Partner gefunden, hieß es. Kursverluste haben auch die niederländisch-belgische Finanzgruppe Fortis in Schwierigkeiten gebracht. Belgische Zeitungen berichteten, die Banken ING und BNP Paribas seien an Teilen der Gruppe interessiert. mit HB

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