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Weltmacht im Stillstand. Eine Einigung im US-Haushaltsstreit ist noch nicht in Sicht.

© dpa

US-Haushalt: Der Etatstreit lähmt die Wirtschaft

Die Folgen des Stillstands in den USA werden spürbar: Konzerne schicken Mitarbeiter in Zwangsurlaub, an den Börsen fallen die Kurse, Ökonomen warnen vor Wachstumseinbußen - und vor einer weltweiten Rezession.

Der Haushaltsstreit und der „Shutdown“ der öffentlichen Verwaltung in den USA zeigen Auswirkungen auf Unternehmen und Finanzmärkte. Die Börse in New York eröffnete den Handel am Donnerstag wie bereits am Vortag mit Verlusten. Auch an der deutschen Börse schloss der Dax im Feiertagshandel 0,4 Prozent niedriger bei 8598 Punkten. Der Dollar verlor ebenfalls an Wert. Sollte der Kongress wegen des Konflikts die Schuldengrenze nicht rechtzeitig erhöhen, könnte es zur größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg kommen, hieß es am Donnerstag aus dem US-Finanzministerium in Washington.

Nachdem wegen des Etatstreits fast 800.000 US-Regierungsangestellte in den Zwangsurlaub geschickt worden waren, droht jetzt tausenden Arbeitern im amerikanischen Industriekonzern United Technologies ein ähnliches Schicksal. Das Unternehmen erklärte, schlimmstenfalls mehr als 5000 seiner Mitarbeiter in Zwangsurlaub schicken zu müssen, wenn der Stillstand des Staatsbetriebs bis zum November anhalte. 2000 Mitarbeiter würden schon ab Montag nach Hause geschickt, 2000 weitere wohl im Laufe der Woche. Der Konzern beliefert auch das US-Militär. Bei der Fertigung müssen staatliche Inspektoren anwesend sein, die nun fehlen.

Nach Angaben der Beratungsgesellschaft IHS verliert die US-Wirtschaft bereits jetzt allein rund 300 Millionen Dollar (220 Millionen Euro) pro Tag. Dauere der Stillstand eine Woche, würde das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal um 0,2 Prozentpunkte niedriger ausfallen.

Keine Einigung in Sicht

Eine Einigung im US-Haushaltsstreit ist derweil nicht in Sicht. Weder Demokraten noch Republikaner signalisieren Kompromissbereitschaft. Ein erstes Spitzengespräch mit Präsident Barack Obama im Weißen Haus blieb ohne Ergebnis. Obama hatte am Mittwoch auch Vertreter von Großbanken getroffen – darunter die Deutsche Bank –, um mit ihnen über mögliche Folgen des Haushaltsstreits zu sprechen.

Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) könnte die Weltwirtschaft bei einem länger andauernden Streit um die US-Schuldengrenze Schaden nehmen. Sollte sich die Politik in Washington nicht auf eine Anhebung des Limits einigen, brächte das Probleme sowohl für die Wirtschaft in den USA als auch weltweit, mahnte IWF-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag. Es sei daher absolut notwendig, diese Frage schnellstmöglich zu klären. Das Wachstum in den USA sei bereits durch eine zu starke Haushaltskonsolidierung ausgebremst worden. „Die ganze Welt würde Probleme bekommen“, sagte auch US-Präsident Barack Obama. „Wenn wir das vermasseln, vermasseln wir es für jeden.“ Die Schuldenobergrenze muss nach Regierungsangaben bis zum 17. Oktober erhöht werden. Sonst droht den USA die Zahlungsunfähigkeit.

Neben Lagarde und Obama warnten auch amerikanische Top-Manager vor schlimmen Folgen eines andauernden Konflikts. Es handele sich nicht um das übliche politische Haushaltsgerangel, sagte Obama am Mittwoch dem TV-Sender CNBC. „Ich glaube, diesmal ist es anders. Diesmal sollte die Wall Street besorgt sein.“

„Wenn sich das hinzieht, ist es sicherlich ein Risiko für die Erholung der US- und der Weltwirtschaft“, hatte bereits Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, am Mittwoch gesagt. Die Notenbank hatte den Leitzins in der Euro-Zone auf dem historisch niedrigen Niveau von 0,5 Prozent belassen – und signalisiert, dass sie die Banken im Euro Raum auf absehbare Zeit weiterhin mit billigem Geld versorgen werde und grundsätzlich zu weiteren Nothilfen bereit sei.

Bundesregierung besorgt

Ökonomen befürchten, dass eine wochenlange Hängepartie in Washington Konsumenten und Unternehmer verunsichert. „Die USA sind ein wichtiger Handelspartner für Europa und ein Stabilitätsanker für die Weltwirtschaft“, sagte Außenhandelsexperte Ilja Nothnagel vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Sollten sich die zerstrittenen politischen Lager nicht bis Mitte Oktober auf eine Anhebung der Schuldenobergrenze einigen, wären die Folgen weltweit spürbar. Auch die Bundesregierung macht sich Sorgen. „Wir hoffen darauf, dass es baldige Fortschritte gibt, die es ermöglichen, diesen Konflikt beizulegen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Wir bedauern es, dass es noch nicht zu einem Einvernehmen gekommen ist.“

Das „Wall Street Journal“ gab in seiner Donnerstagausgabe eine Übersicht über die bisherigen Auswirkungen auf die Wirtschaft: Der britische Luftfahrt- und Rüstungskonzern BAE Systems rechnet demnach damit, dass zehn bis 15 Prozent seiner 34.500 Mitarbeiter in den USA von dem Stillstand in Mitleidenschaft gezogen würden. Auch bei Boeing und Airbus kommt es zu Lieferverzögerungen für Verkehrsmaschinen, weil Beamte der US-Luftfahrtaufsicht FAA in Zwangsurlaub sind. (mit reuters/dpa)

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