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Wirtschaft: US-Investor mischt deutschen Traditionskonzern auf

Wyser-Pratte erzwingt beim Anlagenbauer IWKA den Rücktritt des Vorstandschefs – SPD sieht „Heuschrecken“-Strategie

Berlin - Ausländischen Finanzinvestoren ist es gelungen, zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen den Vorstandsvorsitzenden eines deutschen Unternehmens zu stürzen. Der Chef des deutschen Anlagenbauers IWKA, Hans Fahr, ist am Freitag kurz vor Beginn der Hauptversammlung des Konzerns in Karlsruhe zurückgetreten. Fahr beugte sich dem Druck insbesondere des US-Investors Guy Wyser-Pratte. Fahr habe nach der „teils sehr persönlichen“ Dauerkritik von Wyser-Pratte keine Chance mehr gesehen, seine Strategie erfolgreich umzusetzen, sagte ein IWKA- Sprecher. Erst vor kurzem war der Chef der Deutsche Börse AG, Werner Seifert, auf Druck eines britischen Hedge-Fonds zurückgetreten.

„Was hier passiert, hat etwas von dem Verhalten der Heuschrecken, von denen Franz Müntefering gesprochen hat“, sagte die Karlsruher Landtagsabgeordnete Regina Schmidt-Kühner (SPD) dem Tagesspiegel. „Die Aktionäre machen dabei kurzfristig Geld, aber auf lange Frist gehen die Arbeitsplätze hier zu Lande verloren.“ Kritik am Vorgehen der ausländischen Investoren kommt auch von der Gewerkschaft. Die von Wyser-Pratte vorgeschlagene Strategieänderung bei IWKA sei riskant. „Das ist das gleiche Bild wie beim Armaturenhersteller Grohe: Das Unternehmen schreibt seit Jahren schwarze Zahlen und es ist für die Menschen nicht einsehbar, warum die Arbeitsplätze aus Profitgier geopfert werden sollen“, sagte Günter Schmidtke von der IG Metall Karlsruhe. Bei Grohe kämpfen die Beschäftigten gerade gegen die Verlagerung ihrer Arbeitsplätze ins Ausland.

Hintergrund bei IWKA ist ein erbitterter Streit um die Ausrichtung des Konzerns. Wyser-Pratte, mit einem Anteil von mehr als sechs Prozent einer der größten IWKA- Aktionäre, verlangt eine Konzentration auf die Robotertechnik und den Verkauf der Automobil- und Verpackungstechnik. Fahr, gestützt von Aufsichtsrat und Landesbank Baden-Württemberg (6,5 Prozent der Anteile), wollte jedoch an der auf drei Säulen basierenden Strategie festhalten. Der US-Investor hatte dem Vorstand Versagen vorgeworfen und soll behauptet haben, dieser habe die Bilanzen manipuliert. Zuletzt schrieb die Robotertechnik nämlich rote Zahlen. IWKA behielt sich rechtliche Schritte gegen die Behauptung vor.

Wyser-Pratte hatte bereits zuvor angekündigt, dass er Fahr stürzen wolle. Zudem forderte er den Rücktritt des Aufsichtsratschefs Reinhard Engel und von Aufsichtsratsmitglied und Ex-Mercedes-Chef Jürgen Hubbert. Beide boten am Freitag ihren Rückritt an, wurden von den übrigen Mitgliedern des Gremiums aber gebeten, „im Interesse des Unternehmens“ zu bleiben. Kritiker werfen Wyser-Pratte – Vietnamveteran, Milliardär und als knallharter Finanzinvestor bekannt – vor, IWKA zerschlagen zu wollen. In Deutschland investierte er in Mannesmann, Rheinmetall , Babcock Borsig oder Mobilcom. Während er die Rheinmetall-Führung zu einem erfolgreichen Kurswechsel bewegte, endete sein Engagement bei Babcock mit Millionenverlusten.

Er strebe keine Übernahme oder Zerschlagung des Unternehmens an, sagte Wyser-Pratte am Freitag. Der Aufsichtsrat befürchtet dennoch, dass der US-Investor gemeinsam mit anderen ausländischen Aktionären wie den Fondsgesellschaften Hermes, Threadneedle und KCapital massiv die Strategie des Konzern beeinflussen will. Es gebe Hinweise für eine Absprache zwischen den Kritikern, sagte Engel.

Auch Aktionärsschützer griffen Wyser- Pratte am Freitag scharf an: „Ich habe den Eindruck, sie wollen nur die schnelle Mark machen“, sagte ein Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. IWKA sei ein solider Konzern mit einer stattlichen Kapitalrendite. „Wir spielen hier nicht Monopoly.“

Bei der Kampfabstimmung über die künftige Ausrichtung siegte Wyser-Pratte: Der IWKA-Vorstand wurde auf der Hauptversammlung mit einer Zustimmung von nur 48,54 Prozent des anwesenden Kapitals nicht entlastet. Auch die Börse gab dem Amerikaner Recht. Die im M-Dax notierte Aktie stieg bis zum Börsenschluss um zwei Prozent auf 20,16 Euro.

D. Rhee-Piening, C. Visser

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