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Wirtschaft: US-Präsident Bush gibt im Stahlstreit nach

Entscheidung über Zölle wird in den nächsten Tagen erwartet – drohender Handelskrieg mit der EU könnte abgewendet werden

Berlin (fw/pet). Die amerikanische Regierung plant offenbar, die Strafzölle auf Stahl in den nächsten Tagen aufzuheben und damit den drohenden Handelskrieg mit der EU in letzter Minute abzuwehren. USPräsident George W. Bush werde noch in dieser Woche die Entscheidung bekannt gegeben, berichtete die „Washington Post“ vom Montag mit Berufung auf Kreise in der Regierung und der Industrie. Eine komplette Streichung der Zölle gilt jedoch als unwahrscheinlich. Statt dessen erwarten Vertreter der Stahl verarbeitenden Industrie, dass sich Bush die Option von erneuten Zöllen offen hält, falls die Importe drastisch ansteigen. Ein Sprecher des US-Präsidenten sagte, ein Beschluss sei noch nicht gefallen.

US-Präsident Bush hatte die Strafzölle von bis zu 30 Prozent im März 2002 verhängt, um die marode US-Stahlindustrie vor Importen zu schützen. Er löste damit ein Wahlversprechen ein, das er Stahl produzierenden Bundesstaaten wie Ohio, West Virginia und Pennsylvania gegeben hatte. Doch die Welthandelsorganisation WTO erklärte die Schutzzölle für illegal. Daraufhin drohte die EU, US-Waren im Wert von 2,2 Milliarden Dollar mit Sonderabgaben zu belegen, falls die USA die Zölle nicht bis zum 10. Dezember zurücknehmen sollten. Betroffen wären unter anderem Zitrusfrüchte aus Florida und Textilien aus North und South Carolina – und damit Produkte aus Staaten, die bei der nächsten Präsidentschaftswahl eine wichtige Rolle spielen.

Aus informierten Kreisen in Berlin hieß es am Montag, bislang sei nicht bekannt, welche Entscheidung Bush treffen werde. „Für uns ist nur wichtig, dass er es tut.“ Handelsexperten äußerten sich dagegen zuversichtlich, dass die USA den Handelsstreit bald beenden werden. „Ich halte es für gut denkbar, dass die Sanktionen aufgehoben werden“, sagte der WTO-Experte Dean Spinanger vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) dem Tagesspiegel. Die Stahlpreise in den USA seien zuletzt deutlich gestiegen, die Nachfrage nach Stahlprodukten sei deutlich gestiegen. Dadurch sei die Notwendigkeit für die US-Regierung nicht mehr gegeben, die heimische Industrie durch Strafzölle zu schützen. Außerdem, sagte Spinanger, seien die wirtschaftlichen Probleme für die von den drohenden EU-Sanktionen betroffenen Industrien schwerwiegend. Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr sei es daher wahrscheinlich, dass Bush die Stahlzölle aufhebe.

Auch Georg Koopmann, Handelsexperte vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA), hält eine Aufhebung der Zölle für wahrscheinlich. Der Druck auf die US-Regierung sei schließlich nicht nur aus Europa, sondern ebenfalls aus Japan, China und Brasilien gekommen. Eine Aufhebung der Zölle wäre ein Sieg gegen den Protektionismus, sagte Koopmann. Es wäre auch eindeutig ein „Erfolg für das WTO-Streitschlichtungsverfahren“, da so ein Handelskrieg verhindert würde. Die Mehrzahl der WTO-Streitfälle seien durch das Verfahren gelöst worden, ohne dass es zu den WTO-Sanktionen gekommen sei.

Auch die Stahlindustrie würde die Aufhebung der Zölle begrüßen. „Wir hoffen, dass auf diese Weise der drohende Handelskrieg mit der EU vermieden werden kann“, sagte Dieter Ameling, der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, dieser Zeitung. Nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung sind die deutschen Stahlexporte in die USA nach Verhängung der Strafzölle um 40 Prozent zurückgegangen – von 1,6 Millionen Tonnen im Jahr 2001 auf rund eine Million Tonnen in diesem Jahr. Sollte Bush die Zölle zurücknehmen, rechnet Ameling mit einer Normalisierung der Ausfuhren in den wichtigsten Exportmarkt der deutschen Stahlindustrie.

Sollte die US-Regierung die Schutzzölle aber nicht bis zum 10. Dezember aufheben, werden die Sanktionen der EU nach Angaben aus informierten Kreisen spätestens am 15. Dezember in Kraft treten.

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