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Wirtschaft: US-Richter weisen Sammelklagen gegen Siemens und Degussa ab. Jetzt gehen die Opfer in Berufung

Ehemalige NS-Zwangsarbeiter wollen gegen die Abweisung ihrer Sammelklagen gegen Siemens und Degussa in den USA in Berufung gehen. "Es gibt noch viele Instanzen", sagte ihr Rechtsanwalt, Michael Witti, am Dienstag in München.

Ehemalige NS-Zwangsarbeiter wollen gegen die Abweisung ihrer Sammelklagen gegen Siemens und Degussa in den USA in Berufung gehen. "Es gibt noch viele Instanzen", sagte ihr Rechtsanwalt, Michael Witti, am Dienstag in München. Das Bezirksgericht in Newark im US-Bundesstaat New Jersey hatte sein Urteil am Montag damit begründet, dass es sich bei den Forderungen nach Schadensersatz um politische Fragen handele, die außerhalb des juristischen Bereichs lägen.

Witti stufte das Urteil als nicht richtungsweisend ein. "Ein deutsches Amtsgericht würde nicht endgültig in einem juristisch komplizierten Prozess entscheiden", sagte er. In den USA sei das nicht anders. Außerdem versuchten seine Mandanten, die Mehrheit ihrer Ansprüche bei anderen Gerichten, zum Beispiel in Manhattan, durchzusetzen. Dennoch sei die Entscheidung ein Signal an alle Beteiligten, sich in den Verhandlungen um Entschädigung für NS-Zwangsarbeiter zu einigen. "Das Urteil schafft keinen Rechtsfrieden", sagte er.

Degussa und Siemens begrüßten das Urteil. Es entspreche ihrer Rechtsauffassung, erklärten die Unternehmen übereinstimmend. Siemens-Sprecher Eberhard Posner sagte, die juristische Entscheidung nehme das Unternehmen aber nicht aus der moralischen Pflicht. Neben der rechtlichen gebe es eine humanitäre Ebene. Siemens habe bereits rund zehn Millionen Mark an knapp 1 000 ehemalige Zwangsarbeiter gezahlt. Wie viele Zahlungen folgen würden, sei noch unklar.

Degussa erklärte in einer in Frankfurt am Main verbreiteten Pressemitteilung, das Gericht habe die Rechtsauffassung der Degussa-Hüls AG und anderer deutscher Unternehmen bestätigt, wonach Rechtsansprüche dieser Art nicht bestünden. Ungeachtet dieser Entscheidung werde die Firma ihre historische Verantwortung wahrnehmen und die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" weiter aktiv begleiten.

Amerikanische Rechtsexperten dagegen kritisierten die Entscheidung. Harry Reicher, Professor an der Pennsylvania Law School und Experte für Holocaust-Rechtsfragen, sagte, die Entscheidung sorge bei noch ungeklärten Fällen für Ungewissheit. Außerdem könnte sie die Position deutscher Firmen bei den laufenden Verhandlungen über Entschädigungen für NS-Zwangsarbeiter stärken.

Der Degussa wurde in zwei Sammelklagen vorgeworfen, den Nazis bereitwillig bei der Produktion des in den Vernichtungslagern verwendeten Gases Zyklon B geholfen und mitgewirkt zu haben, von Juden geraubtes Gold zu verarbeiten. Siemens wiederum wurde vorgeworfen, von Zwangsarbeitern profitiert zu haben.

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