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Gottvertrauen, wie auf der Dollar-Note gefordert, brauchen die Amerikaner noch mehr als sonst. Der Schuldenstreit könnte den Steuerzahler teuer zu stehen kommen.

© dpa

US-Schuldenkrise: China wird nervös

Eine Lösung im US-Schuldenstreit ist nicht in Sicht – Investoren und Ratingagenturen stellen sich auf den Ernstfall ein. Wie groß die Flucht aus den US-Anleihen ausfallen würde, ist indes unklar.

Wie das politische Tauziehen in Washington um einen Kompromiss im Schuldenstreit auch ausgeht: Mindestens eine Ratingagentur dürfte in der kommenden Woche den Daumen über der größten Volkswirtschaft der Welt senken. Die USA verlören dann ihren mit „Triple A“ (AAA) bezeichneten Status als erstklassiger Schuldner – mit unabsehbaren Folgen für die globalen Renten-, Aktien- und Devisenmärkte. China, der größte Gläubiger der USA, kritisierte am Freitag in ungewöhnlich scharfer Form den US-internen Streit: Er bedrohe die Weltwirtschaft und könne eine Rezession wie 2008 auslösen. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua griff die US-Politik frontal an: Die mächtigste Wirtschaftsnation sei von „verantwortungslosen“ Politikern als Geisel genommen worden, hieß es. Es geht um viel Geld: China hält als größter Gläubiger der USA Staatsanleihen im Volumen von 1,16 Billionen Dollar.

Auch vier Tage vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit der USA am 2. August war am Freitag keine Einigung zwischen Republikanern und Demokraten in Sicht. An den Aktienmärkten in den USA und Europa fielen die Kurse. Der Dax verlor bis zu 1,8 Prozent und schloss 0,4 Prozent tiefer als am Donnerstag bei 7158 Punkten. Gold war hingegen wieder sehr gefragt. Ebenso der Schweizer Franken, der auf ein Rekordhoch zum Greenback kletterte. Der japanische Yen war so teuer wie zuletzt vor vier Monaten.

Die Verluste an den Börsen weiteten sich am Nachmittag aus, nachdem das Handelsministerium in Washington schwache Wachstumsdaten bekannt gegeben hatte. Die US-Wirtschaft ist danach im zweiten Quartal überraschend langsam gewachsen: Das Bruttoinlandsprodukt stieg von April bis Juni mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 1,3 Prozent, Analysten hatten im Schnitt mit 1,8 Prozent gerechnet.

Alle drei großen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch haben bereits damit gedroht, die USA könnten die höchste Bonitätsnote „AAA“ einbüßen, wenn die gesetzlich festgelegte Schuldenobergrenze nicht rechtzeitig angehoben werde. Sie liegt aktuell bei 14,3 Billionen Dollar. „Selbst mit einer Anhebung der Schuldengrenze ist eine Ratingherabstufung der USA wohl nicht mehr abzuwenden“, glaubt Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Die Herabstufung werde den Dollar weiter belasten, ebenso die Aktienmärkte. Auch die DZ Bank erwartet, dass mindestens eine der drei Agenturen die Bonitätseinstufung vorübergehend auf „Selective Default“ (Selektiver Zahlungsausfall) absenkt. „Da bei den Ratingagenturen die Schuldnerhistorie eine wichtige Rolle spielt, die US-Wirtschaft außerdem auf absehbare Zeit wenig Wachstumsdynamik verzeichnen wird und eine hohe Arbeitslosigkeit die US-Konjunktur belastet, könnte die Bonitätseinschätzung der Vereinigten Staaten auch mittelfristig sehr wohl auf AA absinken.“

Verlören die USA ihre Bestnote bei der Bonität, müssten sie höhere Zinsen zahlen, um Staatsanleihen am Markt zu platzieren. Gleichzeitig würde der Kurs der Anleihen fallen und sich die Schuldenkrise weiter verschärfen. Zugleich dürfte es bei einem Verlust des Triple A-Ratings zu größeren Umschichtungen auf dem Anleihemarkt kommen. Investoren würden ihre Bestände an US-Anleihen verringern und stattdessen auf andere, noch mit AAA bewertete Papiere setzen, wie etwa auf deutsche Bundesanleihen.

Wie groß die Flucht aus den US-Anleihen ausfallen würde, ist indes unklar. Zentralbanken würden „aufgrund fehlender Anlagealternativen“ ihre Bestände an US-Staatsanleihen „kaum“ abbauen, vermutet Fidelity- Fondsmanager Rick Patel. „Die Auswirkungen auf den US-Rentenmarkt werden sich jedoch in Grenzen halten“, glaubt auch Helaba-Expertin Claudia Windt.

Einige Investoren sind allerdings schon gegangen. Die Differenz der Zinssätze für zehnjährige Anleihen zwischen US-Papieren und deutschen Bundesanleihen hat sich seit Anfang Juni vergrößert. Während es also für die USA teurer wird, sich Geld zu besorgen, wird es für den deutschen Staat billiger.

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