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Wirtschaft: US-Tabakaktien trotzen den Milliardenklagen

NEW YORK (su/HB). Das aufsehenerregende Urteil gegen die amerikanischen Tabakkonzerne ließ die meisten Analysten an der Wall Street kalt.

NEW YORK (su/HB). Das aufsehenerregende Urteil gegen die amerikanischen Tabakkonzerne ließ die meisten Analysten an der Wall Street kalt. Den Konzernen droht zwar möglicherweise eine Haftung in dreistelliger Milliardenhöhe. Für die Aktienexperten aber gelten Kurseinbrüche nach schlechten Nachrichten als gute Kaufgelegenheiten, getreu dem Motto: Kaufen, wenn die Kanonen donnern.

So waren die Aktienkurse der Unternehmen nach Verkündigung des Urteils am Donnerstag abgestürzt. Am Freitag hatte sich Marktführer Philip Morris Cos., New York, jedoch schon wieder erholt: Die Aktie legte um 1,31 Prozent auf 38,75 Dollar zu, und auch am Montag schloß sie mit 0,32 Prozent im Plus bei 38,875 Dollar. Die Nummer zwei der Branche, R.J. Reynolds Tobacco Holdings Inc., Winston-Salem, verlor dagegen 3,73 Prozent am Freitag und 0,86 Prozent am Montag auf 28,75 Dollar. Ein Geschworenengericht in Florida hatte am vergangenen Mittwoch entschieden, daß die Zigarettenhersteller die Risiken des Rauchens verschleiert haben und für durch Rauchen verursachte Krankheiten haften müssen.

Der Branche drohen jetzt Schadenersatzzahlungen von 200 bis 500 Mrd. Dollar. Die genaue Höhe der Entschädigung, die die Konzerne zu zahlen haben, wird in der nächsten Phase des Verfahrens festgelegt. Die Gefahr für die Unternehmen: 50 000 oder mehr Einwohner Floridas könnten in einer dritten Phase des Verfahrens Ansprüche geltend machen, wenn sie nachweisen können, daß ihre Krankheiten auf das Rauchen zurückzuführen sind.

Experten zeigten sich von dem Urteil der Jury nicht überrascht. James Brucculeri, Analyst der Investmentbank Merrill Lynch, sagte, die rechtlichen Risiken seien in den derzeitigen Aktienkursen bereits in ausreichendem Maße enthalten. Er halte es für wenig wahrscheinlich, daß die Sammelklage in der nächsten Runde Bestand haben werde. Denn nicht alle Raucher hätten dieselben Krankheiten - eine der Voraussetzungen für erfolgreiche Sammelklagen. Wenn die Klage dann aber in Einzelprozesse umgewandelt würde, könne sich die Industrie leichter verteidigen. Der Grund: Einem einzelnen Raucher kann schnell nachgewiesen werden, daß er aus freiem Willen zur Zigarette griff und zu wenig unternommen hat, um von der Sucht loszukommen.

Brucculeri wiederholte deshalb seine Kaufempfehlung für Philip Morris und R.J. Reynolds. Das Management von Philip Morris werde das geplante Gewinnwachstum von elf Prozent bis 13 Prozent je Aktie ab 2000 erreichen. R.J. Reynolds hält er beim derzeitigen Kurs für attraktiv bewertet. Auch Analyst Marc Cohen von der Investmentbank Goldman Sachs wiederholte seine Kaufempfehlung für Philip Morris: "Das Urteil hat keinerlei finanzielle Folgen hervorgerufen und sollte auch später nicht zu einer unkontrollierbaren Haftungspflicht führen." Für R.J. Reynolds erwartet Cohen eine Kursentwicklung, die besser verlaufen wird als der Gesamtmarkt.

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