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Rosige Zeiten am Valentinstag - doch so groß wie der Handel das Fest gern hätte, feiern es die Verbraucher nicht.

© picture alliance / WILDLIFE

Valentins-Industrie: Über den Tag hinaus

Der 14. Februar ist ein Fest für den Einzelhandel und der Auftakt für eine besonders lukrative Jahreszeit: die Hochzeitssaison.

Am Potsdamer Platz gibt es gerade „heiße Ware“. So formuliert es zumindest Kasia Ferch, die Filialleiterin von 123 Gold, dem nach eigenen Angaben größten Trauringzentrum Berlins. Im Minutentakt strömen Männer in das Geschäft auf der Suche nach Verlobungsringen. Sie alle wollen am Valentinstag vor ihrer Angebeteten auf die Knie gehen und ihr einen Heiratsantrag machen.

In den Wochen vor dem 14. Februar kommt kaum jemand vorbei an Aufforderungen, dem oder der Liebsten eine Aufmerksamkeit zum Tag der Verliebten zu schenken. Und es scheint zu wirken, denn nicht nur das Geschäft mit den Verlobungsringen hat in diesen Tagen Hochkonjunktur: Blumen, Pralinen, Dessous, Bücher und CDs verkaufen sich hervorragend, berichtet der Einzelhandel. Und auch für Parfümerien ist das Geschäft mit der Liebe einträglich. „Der Valentinstag ist natürlich längst nicht so groß wie das Weihnachtsgeschäft, dennoch ist es für uns eines der Umsatzhighlights im Jahr“, sagt Douglas-Sprecher Michael Rotermund. Für den Handelsverband Deutschland ist der Tag der Verliebten ein „zuverlässiger Umsatzbringer“ .

Doch die kommerzielle Wirkung des Valentinstags ist in Deutschland nicht vergleichbar mit der in den Ursprungsländern Großbritannien und USA. Dort habe der Tag eine ähnliche Bedeutung wie Weihnachten, sagt Boris Planer vom Handelsanalysten Planet Retail. „Das Experiment, den Valentinstag auch in Deutschland zu einem großen Erfolg für den Handel zu machen, kann man getrost als gescheitert bezeichnen.“ Ähnlich sieht es Cirk Sören Ott. Zwar tauchten zu kaum einer anderen Zeit im Jahr so viele Männer in den Geschäften auf, stellt der Marktforscher bei der Gruppe Nymphenburg fest. Doch noch schöpfe der Handel den Tag nicht aus. „Die großen Emotionen rund um den Valentinstag liebevoller aufzugreifen und in Szene zu setzen – da liegt eine interessante Chance für den Handel.“

Auch andere Branchen versuchen, vom Valentinstag zu profitieren. Für den Preis eine Parfüms wird schon mal eine Übernachtung in Prag angeboten. Fraglich aber, ob die Qualität eines solchen Geschenks bei 35 Euro für das Doppelzimmer tatsächlich romantische Gefühle weckt. Selbst Kirchengemeinden wollen sich die spendable Stimmung Liebender zunutze machen und laden zum „Candle-Light-Dinner mit leichtem Programm“ – für 30 Euro. Mitunter tragen die Geschäftsideen absurde Züge. Ein Berliner Unternehmen hatte von der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland ein aufblasbares Gotteshaus gemietet und wollte am 14. Februar nahe dem Alexanderplatz symbolische Hochzeiten im Zehn-Minuten-Takt veranstalten. Mit einem original falschen Standesbeamten, Zertifikat und Überraschung zum Preis von 20 Euro. Das zuständige Landeskirchenamt löste nun den Mietvertrag auf – für „Scheintrauungen“ mit „Schauspielpfarrer“ stehe die Gummikirche nicht zur Verfügung.

Die Verlobungsring-Vorräte in Kasia Ferchs Trauringzentrum gehen unterdessen allmählich zur Neige. Der 14. Februar ist neben Weihnachten und Silvester der Tag, an dem die meisten Heiratsanträge gemacht werden. „Eigentlich fertigen wir jeden Ring individuell an“, sagt Ferch. „Aber das braucht seine Zeit. Und die meisten Männer kommen natürlich auf den letzten Drücker.“

Ferch stellt einen Trend zur Amerikanisierung der Verlobung fest. Gab es früher Ringe für beide Partner, verzichten Männer inzwischen häufig auf den eigenen. Stattdessen bekommt die Liebste einen schicken Stein auf den Ring, ganz wie im Hollywood-Kino. Bei den chronisch hohen Edelmetallpreisen sind zudem schmale Ringe wieder modern.

"Die Hochzeitsbranche ist extrem lukrativ"

Anders als etwa im Handel, wo das Valentinsgeschäft über zwei bis vier Wochen läuft, ist es für Trauringspezialisten erst der Auftakt zur größeren und lukrativeren Hochzeitssaison. Demnächst werden viele Paare in ihren Laden kommen, um die nächste Stufe zu planen. Mehrere Tausend Eheringe verkauft Ferch im Jahr. durchschnittlich 1063 Euro geben die Heiratswilligen für die Stücke aus, die ein Leben lang halten sollen. Heiraten ist wieder in. 2010 wurden 382 000 Ehen in Deutschland geschlossen, 13 000 mehr als 2007. Und Juweliere sind nicht die Einzigen, die an diesem Trend verdienen.

Seit einigen Jahren wächst in Deutschland der Markt um „den schönsten Tag des Lebens“. Händler und Dienstleister spezialisieren sich zunehmend auf den Hochzeitstrubel. Viele präsentieren sich auf einer von bundesweit mehr als 350 Hochzeitsmessen. Für so gut wie jede Nische gibt es Angebote. Heiraten und Feier auf einem Floß auf der Spree, in einem Märchenschloss oder mit einem Tätowierer, der nach der Trauung den frisch Vermählten die Initialen unter die Haut malt – alles ist möglich.

„Die Branche ist extrem lukrativ“, sagt Matthias Bähr. Seit 13 Jahren ist er im Hochzeitsgeschäft. Heiraten sei ein Luxus, der besonders von den Bräuten zelebriert werde. Und das kostet: Bähr hat errechnet, dass ein Brautpaar durchschnittlich 15 000 Euro für die Hochzeit ausgibt. Nach Bährs Einschätzung „mit Sicherheit eine Milliardenbranche“. Er veranstaltet auch Hochzeitsmessen, die nächste am kommenden Wochenende. Einige vornehmlich weibliche Besucher werden an diesem 14. Februar sicher einen Antrag bekommen haben.

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