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Wirtschaft: Vattenfall muss sich auf Streik einstellen

Tarifverhandlungen gescheitert – Gewerkschaften fürchten Nachteile für 5000 Beschäftigte

Berlin - Dem drittgrößten deutschen Stromkonzern Vattenfall Europe droht ein Streik. Weil die Verhandlungen über einen konzernweiten Tarifvertrag gescheitert sind, wollen Verdi, IG Metall und IG BCE entsprechende Arbeitskampfmaßnahmen einleiten. Das erklärten die drei Gewerkschaften am Freitag in Berlin. „Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um Druck auf den Konzern auszuüben“, sagte der Verhandlungsführer der IG BCE Jobst Weißenborn. Stromkunden hätten jedoch keine Beeinträchtigungen zu befürchten. „Wir wollen nur, dass es Vattenfall beim Geld wehtut.“

Vattenfall Europe war vor vier Jahren aus der Fusion von Bewag, HEW, Veag und Laubag hervorgegangen. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin gehört dem schwedischen Staatskonzern Vattenfall AB. Weil in den einzelnen Unternehmensteilen noch verschiedene Gehalts- und Arbeitszeitregeln gelten, sollen diese mit einem Konzerntarifvertrag vereinheitlicht werden.

Doch die Verhandlungen ziehen sich seit zwei Jahren hin. Hauptstreitpunkt ist der Geltungsbereich des Tarifvertrags: Während ihn die Gewerkschaften für alle 20 000 Beschäftigten anwenden möchten, will Vattenfall ausgegliederte Unternehmensteile davon ausnehmen. Den Gewerkschaften zufolge wären 5000 Mitarbeiter betroffen – auch in Berlin.

„In der deutschen Tarifgeschichte ist das beispiellos“, sagte Weißenborn. „Für uns hat das eine grundsätzliche Bedeutung.“ Das sieht auch Volker Stüber von Verdi so: „Kein anderer Energiekonzern versucht, Arbeitnehmer zweiter Klasse zu etablieren.“ Nur bei Vattenfall gebe es seit dem Einstieg der Schweden die Tendenz, „bestehende Arbeitnehmerrechte zurückzudrängen“. Die Verhandlungsführer wollen der Tarifkommission nun am 21. März empfehlen, das Scheitern der Gespräche festzustellen. Daraufhin sollen die Hauptvorstände der drei Gewerkschaften Arbeitskampfmaßnahmen beschließen und eine Urabstimmung einleiten. Stüber zufolge hat auch die schwedische Gewerkschaft SEKO ihre Bereitschaft zu einem Solidaritätsstreik beim Mutterkonzern erklärt.

Die Kunden sollen von einem möglichen Streik jedoch nichts mitbekommen. „Neuralgische Punkte werden in jedem Fall mit Strom versorgt“, sagte Weißenborn. Kein Krankenhaus und kein Privathaushalt müssten befürchten, ohne Strom dazustehen. „Wir werden aber die Gewinnmarge von Vattenfall treffen.“ Falls Kraftwerke bestreikt würden, müsste Vattenfall seiner Versorgungspflicht trotzdem nachkommen. Das Unternehmen wäre deshalb gezwungen, die nötigen Strommengen an der Energiebörse einzukaufen – der Börsenpreis für Strom würde entsprechend in die Höhe schnellen.

Bei Vattenfall heißt es, dass die Streikdrohung „überraschend“ sei. Schließlich hatte man sich inhaltlich schon fast geeinigt. So soll die Arbeitszeit konzernweit 37 Stunden betragen. Bisher gelten in Hamburg 35, in Berlin 37 und in Ostdeutschland 38 bis 40 Stunden pro Woche. „Vattenfall will den Tarifvertrag“, sagte Personalvorstand Alfred Geißler dem Tagesspiegel. „Wir kehren jederzeit an den Verhandlungstisch zurück, den die Gewerkschaften verlassen haben.“

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