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Wirtschaft: Verbände wollen die Bahn zerschlagen

Gutachten: Gleise sollen in Staatshand bleiben – damit es mehr Wettbewerb und Beschäftigung gibt

Berlin Das 35000 Kilometer lange Schienennetz der Deutschen Bahn soll von dem Staatskonzern abgetrennt und nicht zusammen mit ihm privatisiert werden. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens der Wirtschaftsverbände DIHK und BDI zur Zukunft der Eisenbahn, das dem Tagesspiegel vorliegt. Nur wenn die Gleise dauerhaft in der Hand des Staates blieben, könne es mehr Wettbewerb und Beschäftigung sowie sinkende Preise geben, heißt es in der Expertise.

Bislang verfügt allein die Deutsche Bahn über Schienen, Signale und Bahnhöfe. Konzernchef Hartmut Mehdorn strebt eine Teilprivatisierung des 225000 Mitarbeiter zählenden Unternehmens an, um privates Kapital zu mobilisieren und weniger abhängig von der Politik zu werden. Im Gespräch ist der Verkauf eines 20-Prozent-Anteils – mitsamt dem Netz. Mehdorns Begründung: Netz und Betrieb müssen unter einem Dach bleiben, sonst leiden Sicherheit und Effizienz.

Zahlreiche Experten raten von dieser Strategie jedoch ab – wie auch das Gutachten der Verbände. Ein gemeinsamer Börsengang von Netz und Betrieb berge das Risiko, dass Wettbewerber von der Bahn diskriminiert würden. Konkurrenz, die zu sinkenden Preisen und mehr Qualität führe, könne sich so nicht entfalten. Außerdem bestehe das Risiko, dass eine privatisierte Bahn unter dem Druck des Kapitalmarktes die Investitionen kürze und weitere Strecken stilllege. Zugleich müsse der Staat mit Steuergeldern einem Investor auf Jahre Rendite garantieren. Den Status Quo dürfe der Staat aber auch nicht beibehalten – denn mehr Konkurrenz sowie mehr Verkehr auf der Schiene habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben, zudem sinke die Beschäftigung immer weiter. Und das, obwohl die öffentliche Hand die Bahn pro Jahr mit zehn Milliarden Euro unterstütze.

Als Ausweg raten die Fachleute, das Schienennetz beim Staat zu belassen und die einzelnen Güter- und Personensparten an Private zu verkaufen. Mittelfristig könnten auch regionale Trassen zusammen mit dem Betrieb verkauft werden. Zudem könne der Staat bei einer Privatisierung ohne Netz höhere Preise für die Sparten erzielen. Die Bahn-Gewerkschaft Transnet hat für den Fall einer Zerschlagung des Konzerns Streiks angekündigt.

Auch die Grünen werden in ihrem Wahlprogramm die Trennung von Netz und Betrieb vor einem Börsengang der Bahn fordern. In einem am Montag von einer Reihe von Verkehrspolitikern beschlossenen Antrag heißt es: „Das Schienennetz eignet sich nicht als Renditeobjekt und muss in öffentlicher Hand bleiben.“ Dadurch würde der Wettbewerb zwischen den Bahnunternehmen gefördert. Die regionalen Schienennetze sollten den Ländern übertragen werden. Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, sagte dieser Zeitung, am wahrscheinlichsten sei das auch von der Union und Teilen der SPD favorisierte Modell, wonach das Netz im Besitz des Bundes bleibe, aber der Betrieb der Deutschen Bahn übertragen werde. Die Kritik von Transnet bezeichnete Schmidt als „Grabenkampf“. „Auch bei einer Trennung von Netz und Betrieb kann der Verkehr auf der Schiene gesteigert werden“, sagte Schmidt. brö/hop

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