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Billigstrom ist nicht immer verbraucherfreundlich.

© Kai-Uwe Heinrich

Serviceprobleme: Billigstrom hat seine Tücken

Teldafax und Flexstrom sind günstig. Doch Verbraucherschützer klagen über Serviceprobleme. Die Versorger hingegen sagen: Wir haben uns gebessert.

In seinem Beruf als Kinderarzt braucht Andreas Lindner viel Geduld. Mit seinem Gaslieferanten Teldafax hat der Berliner die Geduld jedoch inzwischen verloren. „Ich habe zehn Mal bei der Firma angerufen, zehn Mal hieß es, es ist alles in Ordnung, und dann ist doch nichts passiert“, schimpft Lindner.

Was ist geschehen?

Ende Juli 2008 beantragt Lindner über das Internet-Portal Verivox einen Gaslieferungsvertrag mit Teldafax. Der Discounter bucht zwar 400 Euro Kaution ab, das Gas erhält Lindner aber zunächst weiter von seinem alten Lieferanten Nuon. Erst ein Jahr später, im Oktober 2009, übernimmt Teldafax die Lieferung – zu den Konditionen von 2008. Lindner soll danach 15,47 Euro im Monat als Grundpreis zahlen und 6,24 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde. Neukunden beliefert der Versorger jedoch inzwischen deutlich günstiger: Die Kilowattstunde kostet für sie nur noch 3,62 Cent, die Kaution ist auf 200 Euro gesunken.

Solche Konditionen will auch der Berliner. Er ruft die Hotline an und erhält das Versprechen, dass auch er das Gas für 3,62 Cent erhält. Doch in dem Schreiben, das der Arzt später bekommt, ist plötzlich von 5,34 Cent die Rede. Es folgen zahlreiche Telefonate mit der Hotline, Mails und Briefe. Am Telefon bekommt Lindner ständig neue Angebote, doch er pocht vergeblich darauf, dass ihm diese dann auch schriftlich verbindlich zugesagt werden. Nach monatelangem Hin und Her hat der Arzt die Nase voll: Er kündigt den Vertrag und will jetzt von Teldafax gut 513 Euro zurück.

Sonja Stempel kennt solche Fälle gut. Die Rechtsanwältin berät für die Verbraucherzentrale Berlin Menschen, die Probleme mit ihrem Strom- oder Gasversorger haben. „Mit den Billiganbietern gibt es oft Ärger“, berichtet die Verbraucherschützerin. Zwei Namen fallen dabei besonders oft: Teldafax und Flexstrom.

Beide verkaufen Energie billig und belegen in den Preisvergleichstabellen, die Internetdienste wie Check24, Verivox oder Toptarif anbieten, regelmäßig die vorderen Plätze. Singles, die ihren Standardvertrag bei Vattenfall kündigen und zu Flexstrom gehen, können im Jahr 130 Euro sparen, Familien, die von Vattenfall zu Teldafax wechseln, sogar 300 Euro. Solche Preisunterschiede haben zu einem wahren Run auf die Energiediscounter geführt.

Seit 2007 ist Teldafax auf dem Markt. Mit rund 64 000 Stromkunden rechnete das Unternehmen für das erste Geschäftsjahr, doch Ende 2007 waren es bereits 400 000. Heute hat Teldafax über 600 000 Kunden, berichtet Firmensprecher Thomas Müller. Nach wie vor verzeichne man eine „stetige Nachfrage“. Auch Flexstrom ist gut im Geschäft und will im Oktober vom bisherigen Firmensitz am Lützowplatz in ein drei Mal so großes Bürogebäude am Reichpietschufer umziehen. Mit 40 000 Stromkunden ist der Billiganbieter nach eigenen Angaben in Berlin inzwischen die Nummer zwei hinter Vattenfall.

Das enorme Wachstum habe in der Vergangenheit zu „Abrechnungsschwierigkeiten“ und „Verzögerungen“ geführt, räumt Teldafax-Sprecher Müller ein. Verbraucherschützerin Stempel weiß um diese Probleme aus ihrer Beratungspraxis: Kunden, die zu Vertragsbeginn ihren Strom für ein Jahr im Voraus bezahlt haben, müssten der Abrechnung häufig hinterherlaufen. „Notfalls muss man klagen“, sagt Stempel. Zudem sei es oft schwer, die Anbieter zu erreichen. „Anfragen werden gar nicht oder nur verzögert beantwortet“, berichtet Stempel, vor allem, wenn die Kunden nicht die Hotline anwählen, sondern eine schriftliche Auskunft haben möchten. Bei Flexstrom komme hinzu, dass Preiserhöhungsschreiben missverständlich formuliert und die Rechtsbelehrungen der Kunden winzig klein gedruckt seien.

Auch bei den Internet-Portalen, die Energieverträge vermitteln, beschweren sich Kunden. „Verglichen mit ihrer Größe haben wir mehr Beschwerden über Teldafax und Flexstrom als über andere Versorger“, berichtet Thorsten Storck von Verivox. In einem Ranking des Internetdienstes Check24, das auf Kundenbewertungen seit dem Jahr 2008 beruht, steht Flexstrom mit einer Gesamtnote von 2,36 auf Rang 17, Teldafax mit 2,51 auf Platz 19. Allerdings geht es auch noch schlechter. Auf Rang 25 und damit Schlusslicht ist die Energieversorgung Offenbach. Auf Platz eins findet sich ein Discounter – der Gasanbieter Goldgas.

Dennoch wollen die Internet-Dienste die Discounter keineswegs verteufeln. Für „marktkompetente“ Leute seien die Tarife durchaus attraktiv, meint Thorsten Storck von Verivox. „Man muss sich die Konditionen aber sehr genau anschauen“, rät der Experte.

Um den niedrigsten Preis zu bekommen, muss man bei Teldafax und Flexstrom nämlich einige Kröten schlucken. Beide bestehen auf Vorauskasse für ein Jahr. Teldafax verlangt zudem eine Kaution. Streit gibt es bei Flexstrom auch schon mal wegen des versprochenen Bonus. Der wird nämlich erst am Ende der Laufzeit gezahlt, doch viele Kunden wissen das nicht und rechnen schon zu Vertragsbeginn mit dem Rabatt. Flexstrom-Sprecher Dirk Hempel räumt ein, dass das bei den Preisvergleichen im Internet nicht immer klar genug herauskomme. Aber er verspricht Besserung: „Wenn wir erkennen, dass es Probleme gibt, stellen wir sie ab.“ So habe man sich Anfang des vergangenen Jahres von dem externen Callcenter getrennt, weil es Probleme mit der Qualität gegeben hatte. Jetzt müsse kein Kunde länger als zwei Minuten in der Warteschleife hängen, betont Hempel. Auch die Schreiben an die Kunden habe man inzwischen verbessert. Preiserhöhungen seien jetzt klar als solche zu erkennen. Und der Hinweis auf das Kündigungsrecht, das Kunden nach Preiserhöhungen haben, habe inzwischen die gleiche Schriftgröße wie das Anschreiben selbst.

Auch Teldafax hat reagiert. 1,5 Millionen Euro wurden in die IT investiert, das habe die Bearbeitungszeiten der EDV erheblich verkürzt, berichtet Sprecher Müller. Zudem wurden ein Qualitäts-Management-System und ein neues Finanzbuchhaltungssystem eingeführt. Statt der 80 Mitarbeiter aus dem Jahr 2007 arbeiten jetzt 500 Beschäftigte für Teldafax. Und wie die Konkurrenten von Flexstrom trennte sich auch Teldafax von externen Servicecentern. Stattdessen sitzen jetzt im eigenen Callcenter in Schönefeld 165 feste Mitarbeiter.

Seit Jahresanfang soll nun auch noch eine neue Projektmanagementabteilung dafür sorgen, dass unnötige Verzögerungen der Vergangenheit angehören. Wie bei Lindner. Dessen Fall will sich Teldafax nun noch einmal ansehen. Man werde prüfen, Lindner eventuell angefallene Mehrkosten, die ihm durch den verzögerten Lieferungsbeginn entstanden sind, zu ersetzen, sagt Thomas Müller. Müller bestätigt, dass die Zahlen, die Lindner am Telefon oder per Mail genannt wurden, die maßgeblichen waren. Eine schriftliche Bestätigung dieser Konditionen, auf die Lindner bislang vergeblich gewartet hatte, soll ihm jetzt zugehen. Und was der Berliner gern hören wird: „Für die Unannehmlichkeiten wollen wir uns entschuldigen“, betont Thomas Müller.

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