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Wirtschaft: Verbraucherschützer erweitern Angebot

BONN (AP). Als Konsequenz aus den jüngsten Lebensmittel-skandalen um Dioxin in Eiern und Fleisch haben Verbraucherschützer einen lückenlosen Herkunftsnachweis für alle Nahrungsmittel gefordert.

BONN (AP). Als Konsequenz aus den jüngsten Lebensmittel-skandalen um Dioxin in Eiern und Fleisch haben Verbraucherschützer einen lückenlosen Herkunftsnachweis für alle Nahrungsmittel gefordert. Kunden und Lebensmittelkontrolleure müßten wissen, wo und wann welches Produkt erzeugt worden sei, sagte die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV), Anne-Lore-Köhne, am Dienstag in Bonn. Auf ihrer Jahrespressekonferenz kündigte die Verbraucher-Organisation an, ihr Beratungsangebot im Gesundheitsbereich und bei Baufinanzierungen stark auszudehnen.Der Herkunftsnachweis für Lebensmittel müsse von der Produktionsstätte bis zur Ladentheke reichen, sagte Köhne. So werde bei Eiern die Abpackstelle angegeben, die eigentliche Herkunft bleibe unklar. Bei Geflügel und Schweinefleisch werde es noch unübersichtlicher. Unter der Bezeichnung "deutsche Koteletts" könne in Belgien produziertes und in den Niederlanden geschlachtetes Schweinefleisch verkauft werden, "das in Deutschland zerlegt und abgepackt wurde", kritisierte Köhne. Notwendig sei auch die Angabe eines Herstellungsdatums, insbesondere des Legedatums bei Eiern, so die AgV.Darüber hinaus fordert die AgV eine Kennzeichnungspflicht für Futtermittel. Massentierhaltung und die Fütterung von Mischungen, deren Bestandteile nur ungenügend bekannt seien, trügen schwer kalkulierbare Risiken in sich.Grundsätzlich tritt die Verbrauchervereinigung für eine Wende in der EU-Agrarpolitik ein. So sollten Subventionen in der Europäischen Union nur noch an Landwirte gezahlt werden, die Mindeststandards für eine umwelt- und artgerechte Tierhaltung erfüllten. Die personelle und apparative Ausstattung der Lebensmittelüberwachungsbehörden müsse auf EU-Ebene verbessert werden. Ebenso wichtig sei, daß "drastische Verstöße gegen das Lebensmittelrecht nicht bloß mit Bußgeldern, sondern als Straftatbestand geahndet werden". Die vielfach befürwortete Entkriminalisierung des Lebensmittelrechts führe zu einer Schwächung des Verbraucherschutzes.Den Verbrauchern riet die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher, sich beim Einkauf nicht nur nach dem Preis zu richten und Lebensmittel aus der Region oder ökologischer Herstellung zu bevorzugen. "Zehn Eier für 99 Pfennige oder Fleisch mit einem Kilopreis von 4,99 DM können nicht aus einer art- oder umweltgerechten Produktion kommen."Um der wachsenden Nachfrage der Bevölkerung nach einer unabhängigen Beratung in Gesundheitsfragen nachzukommen, will sich die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher am Aufbau eines bundesweiten Netzwerks beteiligen. Dabei suche sie die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wie Selbsthilfegruppen, dem öffentlichen Gesundheitsdienst oder den Krankenkassen. "Der Gesundheitsmarkt muß übersichtlicher werden", sagte Köhne. So fehle es derzeit an ausreichenden und neutralen Informationen über die Qualität und Wirtschaftlichkeit von Ärzten und von Krankenhäusern oder eine Unterstützung der Patienten bei Behandlungsfehlern. Zur Ausstattung eines flächendeckenden Netzes müßten bundesweit etwa 80 Beratungsstellen geschaffen werden, wobei die AgV von drei Kräften auf eine Million Einwohner ausgehe. Den Bürgern sollten vor Ort Informationen und eine grundlegende Beratung angeboten werden. Für die Verwirklichung der Pläne seien im ersten Jahr rund 25 Mill. DM erforderlich.Neue Wege will die Arbeitsgemeinschaft auch in der Bauberatung gehen. Eine Ausweitung sei angesichts von jährlich rund 500 000 Hausbauern und Immobilienkäufern erforderlich, so die AgV. Anders als in vergleichbaren Ländern sei in Deutschland kostensparendes Bauen kaum möglich, sagte Köhne. Rund 30 000 Bauschäden bei Neubauten von Einfamilienhäusern pro Jahr seien ein Beleg dafür, daß die gelieferte Qualität trotz hoher Kosten ungewiß sei. Für besonders wichtig hält die Vereinigung die Durchsetzung verbraucherorientierter Muster-Bauverträge, die Vereinheitlichung der Bau-Leistungsbeschreibungen und eine bessere Absicherung der Häuslebauer gegen Firmenpleiten.

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