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Verbraucherschutz: Keine Beratung mehr zum Nulltarif

Zentralen in Not – das Geld ist knapp

Die Verbraucherzentralen (VZ) schlagen Alarm: Als „äußerst prekär“ bezeichnet Edda Müller, die Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), die finanzielle Ausstattung der Beratungsstellen in den Ländern. Seit dem Jahr 2000 sei ihre Zahl bundesweit von ehemals 250 auf heute 170 geschrumpft, zudem habe der erzwungene Personalabbau dazu geführt, dass viele Vertretungen heute nur noch wenige Stunden in der Woche für den Bürger erreichbar seien. Die VZ Mecklenburg-Vorpommern musste gar Insolvenz anmelden und macht nun als „Neue Verbraucherzentrale in Mecklenburg und Vorpommern“ weiter. Auch Thüringen und Bremen seien gefährdet, warnt Müller.

In Berlin musste die VZ vor zwei Jahren Kürzungen von einem Drittel verkraften. „Wir bekommen vom Land umgerechnet 18 Cent pro Einwohner“, berichtet Geschäftsführerin Gabriele Francke. Brandenburg unterstützt seine VZ mit 46 Cent pro Einwohner. Für eine vernünftige Ausstattung ist nach Meinung des vzbv aber ein Euro pro Einwohner nötig. „Die Politik fordert den mündigen Bürger, gleichzeitig werden die Beratungsmöglichkeiten drastisch eingeschränkt“, kritisiert Müller.

Seit Jahren fahren die Länder, die die Hauptgeldgeber der VZ sind, ihre Zuwendungen zurück. Von 2001 bis 2005 ist die institutionelle Finanzierung von 27,1 auf 23,5 Millionen Euro gesunken. Statt in den Bestand zu investieren, zahlen die Länder lieber für einzelne Projekte. 2006 gingen – allerdings von Bund und Ländern zusammen – 6,09 Millionen Euro an die VZ. Das Problem ist die fehlende Verbindlichkeit der Förderung: „Viele Berater haben Verträge, die nach einem Jahr auslaufen“, klagt Müller.

Weil die öffentliche Hand weniger zahlt, versuchen die VZ, selbst Geld zu verdienen. Konsequenz: Fast alle Beratungen sind kostenpflichtig. Eine persönliche Rechtsberatung kostet bei der VZ Berlin 15 Euro, eine telefonische Versicherungsberatung 1,86 Euro in der Minute. Mit den Beratungsentgelten und dem Verkauf von Ratgebern erwirtschaften die VZ inzwischen rund 9,3 Millionen Euro im Jahr, das sind 15,5 Prozent der Gesamteinnahmen. 2002 waren es nur 7,7 Millionen Euro gewesen.

Um die Finanzierung dauerhaft zu sichern, fordert Müller eine Bundesstiftung. In dieser sollen alle öffentlichen Zuwendungen gebündelt werden, außerdem möchte Müller auch Strafgelder, die Firmen wegen kartellrechtlicher oder wettbewerbsrechtlicher Verstöße zahlen müssen, dort einfließen lassen. Obwohl die Stiftung im Koalitionsvertrag steht, kommt das Thema politisch nicht in Schwung – das Bundesverbraucherschutzministerium will jetzt erst einmal ein Gutachten in Auftrag geben. hej/müh

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