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Wirtschaft: Verdi bereitet Warnstreiks im öffentlichen Dienst vor

Arbeitgeber streiten intern über Verhandlungsstrategie

Düsseldorf (dc/HB). Die Tarifrunde für die insgesamt 4,8 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst geht in die heiße Phase: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ruft für diese Woche zu ersten Warnstreiks und Protestaktionen auf. Derweil kämpft das Arbeitgeberlager mit heftigen Verwerfungen in den eigenen Reihen. Niedersachsens Finanzminister Hinrich Aller (SPD) wirft seinem bayerischen Amtskollegen Kurt Faltlhauser (CSU) vor, er schwäche mit unabgestimmten Vorstößen die Verhandlungsposition der Arbeitgeber. Der Vorgang ist trotz der parteipolitischen Gegensätze zwischen beiden ungewöhnlich: Faltlhauser ist Verhandlungsführer der Länder und Vorsitzender ihrer Tarifgemeinschaft, Aller sein Stellvertreter in dieser Funktion.

Anlass des Streits ist eine in der vergangenen Woche publik gewordene Initiative Faltlhausers: Danach sollen die Arbeitgeber neben den von Gewerkschaftsseite gekündigten Lohn und Gehaltstarifverträgen weitere Verträge kündigen und zur Verhandlung stellen – mit dem Ziel, Einschnitte bei den Beamten direkt auf Arbeiter und Angestellte zu übertragen. In der Diskussion sind längere Arbeitszeiten sowie die Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld. Doch damit, greift Aller seinen Kollegen in einem dem Handelsblatt vorliegenden Brief an, werde „ohne Not das Verhandlungsklima belastet und die Gewerkschaftsbasis gegen die Arbeitgeber aufgebracht", obwohl noch nicht klar sei, welche Kürzungen bei den Beamten der Gesetzgeber tatsächlich beschließen werde. Ein Positionsbeschluss, den die Länder am Rande der Bundesratssitzung fassen wollten, ist am Freitag wegen der Reibereien gescheitert. Faltlhauser und andere seiner Kollegen machen dafür Parteitaktik wegen der bevorstehenden Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen verantwortlich. In der Tat hatten parallel zu Bayerns Vorstoß die Regierungschefs von Berlin und Hamburg, Klaus Wowereit (SPD) und Ole von Beust (CDU) eine Länderinitiative für eine Nullrunde bei Löhnen und Gehältern vorbereitet, wie sie bisher explizit nur von den Kommunen gefordert wird. Auch sie kam nicht zu Stande. Neben dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel (SPD) habe auch Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) nicht mitwirken wollen, hieß es.

Wie sehr der Streit die Verhandlungsposition der Gewerkschaftsseite stärkt, die trotz leerer öffentlicher Kassen Lohnzuwächse von „deutlich über drei Prozent“ verlangt, ist noch schwer absehbar. „Wir werden uns an das halten, was die Arbeitgeber nächste Woche vortragen", sagte Verdi-Sprecher Harald Reutter. Für den 11. Dezember ist ein Gespräch zwischen Spitzenvertretern der Tarifparteien angesetzt. Von Warnstreiks und Protestaktionen will sich Verdi ohnehin nicht mehr abhalten lassen. Mehrere Funktionäre haben angekündigt, ab Mitte der Woche würden Beschäftigte von Müllabfuhren, Nahverkehrsbetrieben und Flughafen-Bodendiensten zu befristeten Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Für Donnerstag plant Verdi eine Demonstration in Bremen - als Begleitmusik zur dortigen Konferenz der Länderfinanzminister.

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