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Nachschub eingetroffen. Einkäufer stellen sicher, dass die Lieferketten ihres Unternehmens effizient funktionieren. Dabei gilt es, den Königsweg zwischen zu vielen und zu

© diego cervo - Fotolia

Wirtschaft: Verhandler mit Weitblick

Einkäufer arbeiten Hand in Hand mit Produktentwicklung und Logistik. Wer sein Fach beherrscht, hat gute Karrierechancen.

Unternehmen kaufen heute global ein und lagern viele ihrer Tätigkeiten aus. Verantwortlich hierfür ist der Einkauf, dessen Arbeit für den Unternehmenserfolg immer wichtiger wird. Statt nur auf die Kosten zu schauen, müssen Einkäufer die gesamte Wertschöpfung des Betriebes im Auge behalten. Wie wichtig die Arbeit des Einkaufs ist, zeigt der EMI, der Einkaufsmanager-Index, der den Finanzmärkten als bedeutender Indikator für die Konjunkturentwicklung gilt. Entsprechend hat sich das Aufgabenspektrum des Berufs gewandelt. Es geht schon lange nicht mehr allein um das Verhandeln von Mengen und Preisen.

Auch der implizite Korruptionsverdacht, der der Berufsgruppe anhängt, ist durch umfängliche Verhaltensregeln – die heute in allen Konzernen und vielen mittelständischen Betrieben gelten – praktisch ausgeräumt. Transparenz bei der Auftragsvergabe ist oberstes Gebot. Üppige Einladungen oder Präsentkörbe, das war einmal. „Der Einkauf steht heute unter ständiger Beobachtung“, sagt Volker Ross, Einkaufsleiter Europa der Deutschen Telekom AG.

Tatsächlich hat sich die Rolle des Einkaufs stark verändert. „Er stellt sicher, dass die weltweite Lieferkette effizient und verlässlich funktioniert. Damit ist er ein wichtiger Werttreiber“, bringt der Bonner Einkaufsspezialist Joachim von Lüninck von a.m.consult die Entwicklung auf den Punkt. Der Einkauf managt die vielfältigen Geschäftsbeziehungen auf den internationalen Beschaffungsmärkten, nimmt Einfluss auf die Produktentwicklung und stellt sicher, dass weltweit Rohstoffe, Materialien und Komponenten termingerecht und in der vereinbarten Qualität für die Produktion bereitstehen. „Es gilt, die Lieferanten zu finden, die für das Unternehmen das beste Ergebnis garantieren“, erklärt von Lüninck. Verhandlungsmasse ist neben dem Preis deshalb immer auch Qualität, Zuverlässigkeit, Termintreue und Service. Zentral ist, dass ein Unternehmen weder mit zu vielen Lieferanten zusammenarbeitet – und im Bestell-Wildwuchs zu viel Geld ausgibt –, noch mit zu wenigen Zulieferern – und Lieferungen etwa ersatzlos ausfallen.

All das fordert Einkäufern viel Know-how ab. In technologiegetriebenen Unternehmen geht das kaum ohne technischen Background. In modernen Organisationen arbeitet der Einkauf bereichsübergreifend: Im Projekteinkauf sitzen Einkäufer mit Ingenieuren in den Entwicklungs-Teams. Im Buying-Center treffen sie mit Vertretern der Fachbereiche, Qualitätsexperten, Controllern, bei großen Auftragsvergaben mit der Geschäftsleitungsebene zusammen.

Auch im operativen Bereich sind die Anforderungen gewachsen. Hier sorgen Einkäufer dafür, dass die weltweit zugekauften Waren termingerecht zur Verfügung stehen. Lieferanten greifen heute tief in die Wertschöpfungskette von Unternehmen ein. Sie entwickeln und fertigen einen Großteil der Bauteile, sie betreiben Läger und sorgen automatisiert für Nachschub. Diese passgenaue Zusammenarbeit entwickelt und kontrolliert der Einkauf. Dazu gehören zum Beispiel auch kostenoptimale, belastbare Logistikkonzepte.

Selbst bei weniger kritischen Waren wie dem Klassiker Büromaterial geht es nicht mehr nur um den besten Preis. Auch hier gilt es, die Abläufe zum und vom Lieferanten effizient zu gestalten. Zudem haben sich die Beschaffungswege verändert. Der elektronische Kauf über Online-Kataloge oder Online-Auktionen ist in vielen Betrieben fester Bestandteil der Auftragsvergabe.

Größere Unternehmen sind bestrebt, alle unkoordinierten und regionalen Einkäufe in ihren Gesellschaften zu zentralisieren. Alles soll über das konzernweite Beschaffungsnetzwerk laufen und möglichst nichts am Einkauf vorbei. Voraussetzung hierfür ist, dass ein kompetenter Zentraleinkauf die Materialbeschaffung für ein global agierendes Unternehmen steuert und optimiert.

Allerdings: Gute Einkäufer sind Mangelware. Die meisten Nachwuchskräfte – zum Beispiel Betriebswirte oder Wirtschaftsingenieure – können mit dem Berufsbild wenig anfangen. Elisabeth Fröhlich, Professorin an der CBS Cologne Business School mit Forschungsschwerpunkt Beschaffungswesen, versucht ihre Studenten deshalb über die abwechslungsreiche Tätigkeit aufzuklären und sie auf diesem Weg für den Einkauf zu begeistern.

Auch Beratungshäuser wie a.m.consult schulen Einkäufer in eigenen Akademien und machen sie für die aktuellen Anforderungen des Berufes fit. Die bestgeschulten Mitarbeiter in den Unternehmen sitzen zwar nach wie vor im Vertrieb, aber die „Gegenseite“, der Einkauf, holt mächtig auf. „Den Einkauf modern zu gestalten ist der erste Schritt. Die Mitarbeiter müssen mit den neuen Aufgaben aber mitwachsen“, begründet Joachim von Lüninck die Notwendigkeit der Qualifizierung. Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist in Deutschland der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME). Auf seinem Symposium in Berlin treffen sich Jahr für Jahr über 2000 Einkäufer und informieren sich drei Tage lang über die globalen Beschaffungstrends.

Auch der Münchner Personalberater Theo Kowalski von Conas Management wirbt für den Einkauf in seiner neuen Form: „Modernes Einkaufen bedeutet managen von Lieferanten, von Menschen, von Abläufen und Funktionen. Deshalb ist der Einkauf ein exzellentes Sprungbrett auch in andere Unternehmensbereiche.“

Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik informiert unter www.bme.de über neue Entwicklungen in der Branche und betreibt dort auch ein Karriere-Portal. Die BME Akademie bietet Seminare für Fach- und Führungskräfte aus Einkauf und Logistik an.

Annette Mühlberger

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