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Verkauf an Konkurrenz: Hans Wall zieht sich ganz zurück

Der Senior des Berliner Unternehmens verkauft an den französischen Konkurrenten JC Decaux. Dem Junior bleiben 9,9 Prozent.

Es ist keine vier Monate her, da schloss Firmenpatriarch Hans Wall (67) den Ausverkauf noch aus. „Die Mehrheit an der Wall AG bleibt auch in Zukunft bei der Familie Wall“, sagte der Aufsichtsratschef und Gründer damals. Seit Dienstag ist alles anders: Der Senior hat seine Anteile jetzt doch an den größten Konkurrenten JC Decaux verkauft. Falls das Bundeskartellamt zustimmt, hält die französische Firma künftig 90,1 Prozent der Anteile – der Rest bleibt Daniel Wall (43), der das Berliner Unternehmen weiterhin als Vorstandsvorsitzender führt. Der Name Wall AG, der an Werbeflächen, Bushaltestellen und Toilettenhäuschen prangt, soll erhalten bleiben.

Warum verkauft wird, wurde so direkt nicht mitgeteilt, aber es fehlt wohl an Finanzkraft. Hans Wall sprach jedenfalls von einer strategischen Entscheidung, „den Weg für einen finanzkräftigen Eigentümer freizumachen“. Der neue Herr bei Wall, Jean-Francois Decaux, hatte im Mai bereits in diese Richtung gedeutet: Der Zeitpunkt für Übernahmen sei günstig, weil viele Konkurrenten wegen der Werbekrise hoch verschuldet seien, sagte er damals. Am Dienstag lobte er nur „die logische Fortsetzung des Zusammenwachsens“ der beiden Familienunternehmen seit 2001. Produkte und Märkte ergänzten sich gut. „Die Positionierung von Wall sowohl am deutschen Markt als auch in der Türkei ist hervorragend.“ Daniel Wall hob hervor, dass JC Decaux „die gleiche Philosophie und Qualitätsauffassung“ vertrete. Aus der stärkeren Zusammenarbeit ergäben sich Synergien.

Klar ist, dass Wall mit schrumpfenden Erlösen kämpft. Während der Umsatz im vorigen Jahr um knapp drei Prozent auf 114,7 Millionen Euro sank, verringerte er sich in der ersten Hälfte des laufenden Jahres um nahezu elf Prozent auf 46,7 Millionen Euro. Im Gesamtjahr soll sich der Rückgang auf zehn Prozent beschränken. Wall hofft, dass die Außenwerbung weniger stark als andere Werbeformen von der Krise getroffen wird. So oder so ist der neue französische Großaktionär mit einem Jahresumsatz von zuletzt 2,2 Milliarden Euro ein anderes Kaliber.

Details der Transaktion sollen am heutigen Mittwoch mitgeteilt werden – allerdings nicht der Kaufpreis. Doch dürfte der Erlös für Wall senior in diesen Zeiten niedrig ausfallen. Vor Jahren soll er den Wert seines Unternehmens auf eine halbe Milliarde Euro taxiert haben: Die 50 Prozent, die jetzt verkauft wurden, wären demnach 250 Millionen Euro wert. Später hantierte Wall mit Relationen, bei denen die 50 Prozent bis zu 160 Millionen Euro entsprächen.

Dass es zu dieser Transaktion einmal kommen könnte, stand schon lange im Raum. JC Decaux hatte seinen Anteil vor sechs Jahren auf 35 Prozent, später auf 40 Prozent aufgestockt. Immer wieder hieß es, die Franzosen wollten mehr. Doch die Beziehung der beiden Unternehmen war von Zerwürfnissen geprägt. Die gemeinsame Vermarktung von Werbeflächen in Deutschland scheiterte im vergangenen Jahr. Wall nannte „unterschiedliche Auffassungen über die zukünftige Strategie“ und Auflagen des Bundeskartellamts als Begründung. Auch der Verkauf von VVR Berek, der Werbetochter der Berliner Verkehrsbetriebe, an JC Decaux hatte Hans Wall in Rage gebracht. Der Unternehmer, der viel für die Stadt getan hat und zum Beispiel seit Jahren die Weihnachtsbeleuchtung auf Kurfürstendamm und Tauentzien finanziert, drohte damals sogar mit dem Wegzug.

Doch vor einer Woche hatte Wall ein kleines Signal der Annäherung gegeben. Das Berliner Unternehmen kündigte an, sich aus dem amerikanischen Markt ganz zurückzuziehen und die dortigen – allerdings kleinen – Aktivitäten zu verkaufen: an JC Decaux.

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