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Wirtschaft: Verkauf der BfA-Wohnungen stockt

DÜSSELDORF . In der Diskussion um die Senkung der Rentenbeiträge taucht immer wieder mal der milliardenschwere Wohnungsbestand der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf.

DÜSSELDORF . In der Diskussion um die Senkung der Rentenbeiträge taucht immer wieder mal der milliardenschwere Wohnungsbestand der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf. Zum Verkauf stehen 77 142 Wohnungen der Gemeinnützigen Aktien- Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (Gagfah), an der die BfA mehr als 99 Prozent der Anteile hält. Die Gagfah gehört mit insgesamt 107 990 verwalteten Wohnungen zu den größten Wohnungsgesellschaften in Deutschland. Der Verkauf der Gagfah-Wohnungen war 1996 gegen den Willen der Rentenversicherung in den Bonner Spargesetzen verankert worden, um den Anstieg des Beitragssatzes zur Rentenversicherung zu mindern.Ein lohnendes Geschäft, denn die Gagfah präsentiert sich derzeit in ausgezeichneter Verfassung. Im vergangenen Jahr wurde mit 986 (Vorjahr 1027) Mitarbeitern ein Umsatz von rund 849 (838) Mill. DM erwirtschaftet. "Die 1997 eingeleitete Neustrukturierung trägt erste Früchte", erläutert Werner Dybowski, Mitglied des Vorstandes der Gagfah, Essen. Das Kerngeschäft, die Verwaltung von Wohnimmobilien, sei optimiert und ausgebaut worden. Die Zahl der Standorte werde langfristig von derzeit 160 auf 120 reduziert. Der Jahresüberschuß stieg im vergangenen Jahr von 73,8 Mill. DM auf 92,2 Mill. DM. Zu diesem erfreulichen Ergebnis hat auch die Sparte Projektentwicklung beigetragen, die inzwischen zehn Prozent vom Umsatz ausmacht.All dies machte die Gagfah auch 1997 schon zu einem interessanten Privatisierungskandidaten: Auf das eingeleitete Bieterverfahren reagierten damals zwölf der anfänglich 30 Interessenten mit einem konkreten Übernahmeangebot. Trotz lukrativer Offerten, darunter das Angebot des größten japanischen Brokerhauses Nomura in Höhe von 4,5 Mrd. DM, wurden die Verkaufsbemühungen Anfang des Jahres eingestellt.Wie attraktiv das Angebot für die Rentenkasse gewesen wäre, verdeutlicht Ulrich Reineke, Abteilungsleiter Finanzen und Vermögen innerhalb der BfA: "Da die Gagfah mit einem Nettowert von 2,014 Mrd. DM in den Büchern der BfA steht, hätte jede D-Mark, die über diesem Wert liegt, unmittelbar Auswirkung haben können auf eine Senkung des Rentenbeitragssatzes." Wären die Wohnungen also an die Nomura verkauft worden, hätten die Beiträge durch den außerordentlichen Ertrag in Höhe von 2,5 Mrd. DM einmalig um bis zu 0,2 Prozentpunkte gesenkt werden können.Auch nach dem Regierungswechsel wurde nichts entschieden, die notarielle Bindungsfrist des Angebotes lief ab und Nomura setzte den Kaufpreis im zweiten Anlauf wegen Problemen auf dem Heimatmarkt auf 3,9 Mrd. DM herab. Doch die neue Offerte wurde im Herbst 1998 vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) abgelehnt. "Da der zunächst verhandelte Veräußerungserlös nicht mehr zu erzielen war, hatte sich das BMA entschlossen, das konkrete Bieterverfahren formal abzubrechen", erläutert Reineke. Was bleibt, ist das gesetzliche Veräußerungsgebot. Danach müssen der "Grundsatz der Wirtschaftlichkeit" sowie die "berechtigten Interessen der Mieter" berücksichtigt werden. Diese Hürde aber vermag offensichtlich derzeit niemand zu nehmen. Gleichwohl verspricht Reineke: "Sollten sich seriöse Investoren melden, um den Aktienbesitz der Gagfah zu erwerben, dann werden wir wieder Gespräche aufnehmen. Der Investor müßte indes einen Preis in Aussicht stellen, der die alte "Benchmark" erreicht, bekundete Reineke. Um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, schließe er auch einen Börsengang nicht aus.Die Möglichkeit, dem Veräußerungsgebot durch eine Gesetzesänderung zu entgehen, weist Klaus Achenbach, Staatssekretär im BMA, weit von sich. "Wir wollen den Gesetzesauftrag weder modifizieren noch aufheben. Zudem sind wir der Ansicht, daß ein Versicherungsträger wie die BfA nicht solche hohen Vermögenswerte vorhalten sollte." Für das BMA geht es nicht nur darum, einen Gesetzesauftrag zu erfüllen, sondern auch um ein Wahlversprechen, nämlich die Rentenbeiträge zu senken. Da dieses Versprechen durch die Anhebung der Mehrwertsteuer und die Einführung der Ökosteuer eingelöst wurde, hat es derzeit niemand eilig mit dem Verkauf der Gagfah.Auch Lutz Freitag, alternierender Vorstandschef der BfA und Bundesvorstandsmitglied der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), drängt keineswegs auf den Verkauf der Gagfah. Leere Rentenkassen und ein politischer Druck sind für ihn die "denkbar schlechtesten Rahmenbedingungen", um das alte Gewerkschaftsvermögen zu einem guten Preis veräußern. Mit anderen Worten: In wirtschaftlich schlechten Zeiten dürfte kein Bieter die hohe Benchmark erreichen. Und in wirtschaftlich guten Zeiten, wenn es auch der Rentenkasse gut geht, gibt es keinen Handlungsbedarf.

KARINA JUNGHANS, HB

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