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Wolfgang Schäuble ließ mitteilen, für eine solche Abgabe gebe es keine Notwendigkeit.

© dpa

Vermögensabgabe: Reiche sollen 230 Milliarden zahlen

Das Berliner DIW plädiert für eine Zwangsanleihe sowie eine einmalige Vermögensabgabe gegen die Schuldenkrise. Das trifft nicht überall auf offene Ohren.

Berlin - Es sind die üblichen Reflexe: Schwarze und Liberale stöhnen, Linke und Gewerkschafter freuen sich, die Regierung sieht keinen Handlungsbedarf. Dabei ist viel zu holen. Wenn auf jedes Vermögen in Deutschland, das 250 000 (Ehepaare: 500 000) Euro übersteigt, eine Abgabe von zehn Prozent erhoben würde, kämen 230 Milliarden Euro zusammen. Zahlen sollen die reichsten acht Prozent der Bevölkerung, meint das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Hierzulande könnte mit der Summe die Verschuldung „ein deutliches Stück näher an die 60-Prozent-Grenze nach Maastricht“ zurückgeführt werden, schreibt das Berliner Institut in einer aktuellen Studie. Und in Europa insgesamt „könnten Zwangsanleihen und einmalige Vermögensabgaben auf höhere Privatvermögen zur Refinanzierung und zum Abbau von Staatsschulden herangezogen werden, ohne dass eine Dämpfung der Konsumnachfrage zu befürchten wäre“.

Selbst in Griechenland, Spanien und Italien gibt es staatliche und private Vermögen, „die in der Summe die Staatsschulden deutlich übersteigen“, schreibt das DIW. Das Staatsvermögen könne aber durch Verkäufe und Privatisierungen nur kurzfristig die Liquidität stärken. Wenn überhaupt, denn Staatsvermögen „steckt zum großen Teil in der Infrastruktur“. Also, so schlussfolgern die Ökonomen des größten deutschen Wirtschaftsinstituts, „muss der Privatsektor zur Rückführung der öffentlichen Defizite herangezogen werden“. Hans Michelbach, Sprecher des Wirtschaftsflügels der CSU, bewertete den DIW-Vorschlag als „Sommerlochwiedergänger“. Betroffen wäre „die Mittelschicht, die schon jetzt die Hauptlast der Staatsfinanzierung trägt“, sagte Michelbach „Handelsblatt Online“.

Der schleswig-holsteinische SPD-Vorsitzende Ralf Stegner begrüßte die DIW-Idee als eine „Solidaritätsabgabe, die dem früheren Lastenausgleich vergleichbar ist“. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bestritt die Notwendigkeit einer solchen Abgabe, da es derzeit „keinerlei Probleme“ mit dem Steueraufkommen gebe.

Das DIW schreibt zur Finanzkrise, an der Konsolidierung der Haushalte, der Sanierung der Banken sowie an wachstumsfördernden Reformen führe kein Weg vorbei. „Mit Rücksicht auf die konjunkturelle Entwicklung und die politische Akzeptanz kann dies aber nur längerfristig und schrittweise umgesetzt werden.“ Deshalb seien Zwangsanleihen und einmalige Vermögensabgaben Instrumente, „um die Refinanzierung der Staaten zu sichern, ohne auf Hilfen von außen angewiesen zu sein“. Dabei wird die Schwierigkeit eingeräumt, „Hinterziehung und Kapitalflucht zu unterbinden“.

Grundsätzlich müsse zur Reduzierung der öffentlichen Defizite „der Privatsektor stärker belastet werden“. Entweder durch höhere Steuern oder durch niedrigere Ausgaben. Aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit ist das DIW für höhere Steuern – mit Auswirkungen auf die Ausgabenseite: Abgaben für die Reichen „dürften die Akzeptanz von Arbeitsmarkt und Sozialreformen erhöhen, die häufig ärmere Bevölkerungsschichten treffen“.

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