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Aus den gelben Säcken und Tonnen soll eine Wertstofftonne werden. Das schlägt das Bundesumweltministerium vor.

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Verpackungsverordnung: Umweltminister Altmaier kündigt die Einführung einer Wertstofftonne an

Kaum liegt ein Thesenpapier des Umweltministeriums auf dem Tisch, schon laufen sich wieder die Lobbyisten warm. Dabei geht es darum, etwas einzuführen, was alle sinnvoll finden: Eine Wertstofftonne, in der nicht nur Verpackungen sondern alle Plastik- und Metallabfälle landen sollen.

Umweltminister Peter Altmaier (CDU) fühlt sich offenbar mit dem Management der Energiewende unterausgelastet. Am Mittwoch kündigte er noch für diese Legislaturperiode die Einführung einer Wertstofftonne an. Das hätten Union und FDP im Koalitionsvertrag schließlich vereinbart, meinte er. An sich sind alle dafür. Dass in die gelbe Tonne oder den gelben Sack zwar Plastikverpackungen geworfen werden sollen, aber die kaputten Plastikspielzeuge der Kinder verboten sind, leuchtet den Bürgern ohnehin nicht ein. Und deshalb landen jedes Jahr auch nach Angaben des Bundesumweltministeriums (BMU) rund 280 000 Tonnen solcher "stoffgleicher Nicht-Verpackungen" in den gelben Tonnen und Säcken. Würde das entsprechende Material absichtlich mit den Verpackungsabfällen zusammen eingesammelt, rechnen die Cyclos GmbH und die HTP Ingenieurgesellschaft in einer Studie für das Umweltbundesamt mit rund 570 000 Tonnen mehr Plastikmüll und Metallabfällen für das Recycling. Das entspricht etwa sieben Kilogramm pro Kopf und Jahr. Sowohl der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) wie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordern die Einführung einer Wertstofftonne. Und sie sind sich auch noch in einer zweiten Einschätzung einig: Sie raten zu einer gründlichen Diskussion und warnen vor überstürzten Entscheidungen. Da hört die Einigkeit dann aber auch schon auf.

Streitlustig. Umweltminister Peter Altmaier (CDU).
Streitlustig. Umweltminister Peter Altmaier (CDU).

© Reuters

Mit der Verpackungsverordnung ist 1991 erstmals die Produktverantwortung der Hersteller zum Grundsatz der Gesetzgebung gemacht. Das Ergebnis waren die Dualen Systeme, an die die Verpackungshersteller die Verantwortung für die Rücknahme und Wiederverwertung ihrer Produkte übertragen haben. Von Anfang an habe es "Trittbrettfahrer" gegeben, beklagt der VKU, dass zwar 2,3 Millionen Tonnen Leichtverpackungen im Jahr gesammelt würden, davon aber lediglich 1,2 Millionen Tonnen auch lizenziert seien. Für diese Mengen bezahlen die Hersteller die fälligen Gebühren. Der BDE wiederum hat wenig Interesse am Mitgefühl seiner kommunalen Konkurrenten und befürchtet, dass diese wie beim Streit um das Kreislaufwirtschaftsgesetz vor wenigen Monaten, auf der bundespolitischen Ebene den besseren Schnitt machen könnten. BDE-Präsident Peter Kurth lässt sich von seinem Pressesprecher in einer Stellungnahme mit der Einschätzung zitieren, dass es eine Vielzahl von Pilotprojekten gebe - rund 15 Millionen Einwohner könnten gegenwärtig bereits eine Wertstofftonne nutzen -, dass "die Einführung der Wertstofftonne nicht zwingend ein neues Gesetz erfordert". BDE-Sprecher Karsten Hintzmann war bei der Vorstellung von Peter Altmaiers Thesenpapier gleich dabei, obwohl das Gespräch als Hintergrundgespräch für Journalisten angekündigt war, und brachte die erste BDE-Stellungnahme dort auch gleich unter die Leute. Wer schon weg war, bekam wenig später einen Anruf mit dem Angebot einer ersten Einschätzung. Der VKU war nciht ganz so schnell, ist aber dennoch vorbereitet. VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp sagte dem Tagesspiegel: „Eine Reform der Verpackungsentsorgung ist unbedingt notwendig, aber angesichts der Komplexität des jetzigen Systems ein ehrgeiziges Projekt, das planvoll angegangen werden sollte.“ Aus einem Hintergrundpapier des VKU, das der Verband längst vorbereitet hat, ist zu entnehmen, dass die kommunalen Unternehmen die privaten Entsorgungsfirmen am liebsten wieder ganz aus dem Geschäft mit dem Müll drängen möchten. Beide Verbände argumentieren übrigens mit den Investitionen der vergangenen 20 Jahre, die einen in Müllverbrennungsanlagen, die anderen in Sortieranlagen und Recyclingverfahren.

Als Peter Altmaier vor einigen Monaten noch Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion war, hatte er das zweifelhafte Vergnügen die Novelle der Verpackungsverordnung durch den Vermittlungsausschuss zu navigieren. Er wusste also relativ genau, was auf ihn zukommen wird. Deshalb hat er - ganz seiner Methode folgend, immer erst einmal auszuloten, wo die Kompromisslinien liegen könnten - noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt sondern ein Thesenpapier. Darin heißt es: "Wettbewerb schließt die angemessene Einbindung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in die Wertstofferfassung nicht aus." An diesem Satz werden sich die Lobbyisten in den kommenden Wochen vor allem abarbeiten. Altmaier will nun über den Sommer zunächst einmal die Meinung der Bürger erfahren. Dazu hat das Umweltministerium das Thesenpapier, Hintergrundinformationen und ein halbes Dutzend Studien für das Umweltbundesamt auf seine Homepage gestellt. Dort sollen die Bürger dann auch ihre Meinung zur Wertstofftonne hinterlassen können. Im September folgt eine Debatte mit den Entsorgungsfirmen und der kommunalen Unternehmen. Wenn es Altmaier gelingt, eine Kompromisslösung auszuhandeln, könnte der Gesetzentwurf im Herbst in den Bundestag eingebracht werden, und es bestünde die Chance, ihn noch vor Beginn des Bundestagswahlkampfes zu verabschieden.

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