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Verschuldung: Griechenland: Der nächste Brandherd

2010 wird die Verschuldung wohl noch höher sein als in Italien. Nach Irland und Ungarn kommt jetzt auch Griechenland ins Straucheln. Droht der Bankrott?

Für Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou wird es wohl kein beschauliches Weihnachten. Der Athener Kassenwart brütet über einer Rechnung, die partout nicht aufgehen will: Noch im Wahlkampf versprachen die Sozialisten eine „Umverteilung des nationalen Reichtums“. Jetzt stellt Papakonstantinou fest: Es gibt nichts zu verteilen, nur neue Lasten. Die Finanzmärkte spielen bereits Szenarien für einen Staatsbankrott des ersten Euro-Staates durch. Eine Rettung Griechenlands dürfte auch deutsche Steuerzahler teuer zu stehen kommen.

Gleich nach seinem Amtsantritt Anfang Oktober musste Papakonstantinou gestehen, dass das Haushaltsloch mit 12,7 Prozent der Wirtschaftsleistung mehr als doppelt so groß sein wird wie noch im September von seinem konservativen Vorgänger angekündigt. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann stellte Griechenland diese Woche in eine Reihe mit Ländern, in denen „Zeitbomben“ und neue Krisen drohten. Auch die EU nahm das Land unter verschärfte Beobachtung – 2010 dürfte die Gesamtverschuldung 125 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen, mehr noch als Italien. Die Griechen müssen nun Brüssel bis Januar detaillierte Pläne zur Etatsanierung vorlegen.

„Ziemlich besorgniserregend“ findet Jean-Claude Juncker, Luxemburgs Premier und EU-Euro-Beauftragter, die Lage. Wie verängstigt die Anleger sind, zeigen die Kurse griechischer Staatsanleihen: Die Rendite zehnjähriger Papiere stieg zeitweilig auf 217 Basispunkte über das Niveau vergleichbarer Bundesanleihen. Die Anleger zweifeln also an der Kreditwürdigkeit Griechenlands. „Das ist ein klares Zeichen des Misstrauens“, sagte Carsten Lüdemann, Anleihen-Experte bei der Deka-Bank. Am Freitag war der Aufschlag auf 182 Punkte gesunken. Indes gelten griechische Statistiken als notorisch unzuverlässig: Nur dank gefälschter Defizitdaten durfte das Land 2001 den Euro einführen. Das Ziel einer Neuverschuldung von maximal drei Prozent des BIP hat es seither wohl stets verfehlt. Dennoch hatten auch deutsche Versicherer wegen der hohen Renditen im vergangenen Jahr griechische Staatspapiere gekauft. Allerdings nicht in großem Stil, wie sie betonen. „Ausländische Staatsanleihen spielen bei den Versicherern zur Zeit keine große Rolle“, sagt auch Analyst Manfred Poweleit.

Das ist gut so. Denn Griechenland steuert auf den Kollaps zu: Will sich Athens Finanzminister bei Anlegern Geld borgen, muss er hohe Zinsen zahlen. Das verteuert den Schuldendienst, das Defizit wächst weiter, die Bonität sinkt erneut. Noch teurer wird es, wenn die Europäische Zentralbank die Zinsen erhöht – dann rückt ein Bankrott näher. Während der Finanzkrise waren Länder wie Irland oder Ungarn in einer ähnlichen Lage, zuletzt gab es Sorgen über eine Pleite des Emirats Dubai. Würde Athen zahlungsunfähig, schlüge die Stunde der EU. Rechtlich ist Hilfe für einen taumelnden Staat zwar ausdrücklich nicht vorgesehen. „Es ist aber nicht realistisch, dass die EU eines ihrer Mitglieder fallen lässt“, sagt Jan Gengel, Analyst bei der Weberbank. Denkbar sei eine gemeinsame Anleihe mehrerer Staaten, um Schaden von der Gemeinschaftswährung Euro abzuwenden. Zur Finanzierung müsste auch Deutschland beitragen. „Griechenland kann sich glücklich schätzen, Mitglied in der Eurozone zu sein“, sagte Gengel. Ob und wann sich das Land aus der Schuldenfalle befreien kann, hängt nicht zuletzt vom Wirtschaftswachstum ab. Doch der Aufschwung lässt auf sich warten. Am Freitag teilte das Statistikamt Eurostat mit, dass das BIP im dritten Quartal um 0,7 Prozent geschrumpft ist – keine guten Nachrichten für den Finanzminister.

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