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Wirtschaft: Versicherer befürchten mehr Großkatastrophen

Erdbeben und Terroranschläge können unermeßliche Schäden anrichten / Assekuranz stößt an ihre Grenzen München (tmh)."Tokio wäre ein Volltreffer", klärt Gerhard Berz auf.

Erdbeben und Terroranschläge können unermeßliche Schäden anrichten / Assekuranz stößt an ihre Grenzen

München (tmh)."Tokio wäre ein Volltreffer", klärt Gerhard Berz auf.Der Meteorologe arbeitet im Direktorenrang in der Forschungsabteilung der Münchener Rückversicherungs-AG und meint mit dem Beispiel Tokio eine Katastrophe sowohl für die betroffenen Menschen als auch für die Versicherungswirtschaft.Ein Erdbeben in der japanischen Hauptstadt würde nicht nur viele Menschenleben fordern, sondern auch volkswirtschaftliche Schäden von 2,1 bis 3,3 Billionen Dollar verursachen, schätzen Experten.Versicherer würden dabei wohl mit 50 Mrd.Dollar zur Kasse gebeten, sagt Münchener-Vorstand Otto Bauer. Angesichts dieser Summen wird klar, daß die Assekuranz an die Grenzen der Versicherbarkeit stößt.Rasant steigendes Bevölkerungswachstum, immer größere Wertezusammenballung und die anhaltende Landflucht machen vor allem die Metropolen dieser Erde zu den Gefahrenherden Nummer eins."Die Schadenspotentiale der Großstädte sind ein Alptraum," stöhnt Bauer.Naturkatastrophen wie ein schwerer Sturm im Herzen von Europa, der mit rund 30 Mrd.Dollar versicherten Schäden zu Buche schlagen könnte, seien jedoch nur ein Auslöser von Unheil.Die Assekuranz zittert auch vor terroristischen Anschlägen, für die Städte den Schauplatz für spektakuläre Aktionen und gute Fluchtmöglichkeiten bieten.So habe 1992 die Explosion einer Autobombe in London einen volkswirtschaftlichen Schaden von 1 Mrd.Pfund und einen versicherten Schaden von 500 Mill.Pfund verursacht.Weil Terrorismus im Gegensatz zu Naturkatastrophen für Versicherer völlig unkalkulierbar ist, wurde in Großbritannien in Zusammenarbeit mit der britischen Regierung 1993 mit der "Pool Re" eine Rückversicherung speziell für Terrorschäden gegründet.Ohne derartige "Sonderlösungen" sei eine Ablehnung von Risiken bei Attentaten "nicht immer auszuschließen", sagt Helmut Stadlberger, ein Versicherungsexperte der Münchener Rück.In Deutschland seien Schäden durch Terroranschläge übrigens grundsätzlich gedeckt, solange es sich um eine Explosion handelt.Ausgeschlossen ist Haftung allgemein nur bei Kriegsschäden. Noch reichen die Deckungskapazitäten weltweit im allgemeinen aber auch in den Brennpunkten der Großstädte aus.Im Großraum Tokio seien Industrieanlagen als Ausnahme jedoch nur mit maximal 15 Prozent ihres Wertes gegen ein Erdbeben versicherbar, räumt Berz ein.Bei der Abwehr solcher Großkatastrophen sehen die Versicherungsexperten vor allem die Regierungen gefordert.Zum einen könne die Landnutzung beschränkt werden.Von Überschwemmung oder Erdbeben bedrohte Regionen dürften nicht zur Besiedelung freigegeben werden.Risikogerechte Bauvorschriften könnten Schäden minimieren.Da nachweisbar viele Naturkatastrophen mit Klimaveränderungen zu tun hätten, käme auch dem Klimaschutz eine zentrale Rolle zu.Von der bisweilen diskutierten Verlagerung von Versicherungsrisiken in Finanzmärkte hält die Münchener Rück wenig.Derartige Instrumente könnten allenfalls stellenweise den Versicherungsschutz ergänzen.Die Assekuranz selbst könne sich durch eine Schadensbeteiligung der Versicherten behelfen.

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