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Wirtschaft: Versicherer lehnen Gentestgesetz ab

Industrie setzt auf Selbstverpflichtung – Datenschützer befürchten Missbrauch

Berlin - Die Versicherungswirtschaft hat an die Bundesregierung appelliert, das geplante Gentestgesetz zu kippen. „Wir sprechen uns eindeutig gegen ein gesetzliches Verbot aus“, sagte Achim Regenauer vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), am Donnerstag in Berlin. Die GDV-Mitglieder hätten gerade eine freiwillige Selbstverpflichtung bis 2011 verlängert. Sie sieht vor, Gentests nicht zur Voraussetzung für den Abschluss einer normalen privaten Versicherungspolice zu machen. Eine gesetzliche, zeitlich unbefristete Regelung sei daher überflüssig.

Die Bundesregierung hat Mitte Oktober ein Eckpunktepapier für ein Gendiagnostikgesetz vorgelegt. Es soll regeln, unter welchen Voraussetzungen Gentests erhoben und gespeichert werden dürfen und wer Zugriff auf diese Daten hat. Das Gesetz soll verhindern , dass Versicherer oder Arbeitgeber Menschen aufgrund genetischer Risiken benachteiligen.

Im Gegensatz zu den Privatversicherungen halten gesetzliche Krankenkassen und Datenschützer eine freiwillige Regelung nicht für ausreichend. „Das Thema ist zu heikel, als das man es mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung regeln könnte“, sagte Jürgen Müller, zuständiger Referatsleiter beim Bundesdatenschutzbeauftragten, dem Tagesspiegel. „Wir halten eine gesetzliche Regelung daher für dringend erforderlich.“

Dass die Gefahr des Missbrauchs besteht, zeigt das Beispiel einer gesunden Lehramtsanwärterin in Hessen. Weil ihr Vater am Veitstanz erkrankt war – einer unheilbaren, tödlichen Erbkrankheit – verlangte das Land Hessen als Arbeitgeber einen Gentest, den die Frau aber verweigerte.

Auch gesetzliche Kassen wie die KKH drängen auf ein Gesetz mit einem klaren Diskriminierungverbot. Die KKH hat einen konkreten Anlass. Sie will nach Angaben ihres Sprechers Wolfgang Michall darauf drängen, einen Gentest zum Nachweis der Eisenspeicherkrankheit in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Mit dem Test könne die Krankheit, die zu schweren Leber und Nierenstörungen führen kann, diagnostiziert und rechtzeitig behandelt werden. Der Kasse blieben hohe Folgekosten erspart. Auch die Diagnostikaindustrie drängt auf ein Gentestgesetz. Noch ist die wirtschaftliche Bedeutung gering: Im ersten Halbjahr wurden mit industriellen Gentests gerade 3,4 Millionen Euro umgesetzt.

Maren Peters

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