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Wirtschaft: Versicherer lindern Finanzkrise

Konzerne kaufen Banken Problempapiere ab

Frankfurt am Main - Die großen europäischen Versicherer könnten für die Banken zu Rettern in der Not werden und schüren die Hoffnung auf ein Ende der weltweiten Finanzkrise. Konzerne wie die Allianz, die Münchener Rück oder die DEVK bereiten derzeit mit Milliardensummen den Kauf forderungsunterlegter Anleihen (ABS) vor – also jener Papiere, die im Zentrum der Krise stehen und in den vergangenen Monaten dramatisch an Wert verloren hatten.

Die Versicherer wollen die günstigen Preise jetzt nutzen und massiv in den Markt investieren, der seit Monaten nahezu zum Stillstand gekommen war. „Wir sind als Käufer am Markt“, bestätigte Andreas Gruber, Kapitalanlagechef der Allianz Leben, dem „Handelsblatt“. Das Unternehmen wolle den Bestand an ABS-Papieren langfristig verdoppeln. Für die Allianz Leben bedeutet dies ein Investitionsvolumen von rund zwei Milliarden Euro. Experten schätzen, dass allein deutsche Versicherungskonzerne in den nächsten Monaten für 18 Milliarden Euro ABS-Papiere kaufen könnten.

Das Interesse der Versicherer wird in Finanzkreisen als positives Signal gewertet. Denn die Papiere gehören nicht nur zu den Auslösern der Turbulenzen an den Märkten, sie belasten wegen ihrer Wertverluste auch erheblich die Bilanzen der Banken.

„Wir planen die Gunst der Stunde zu nutzen und ABS-Papiere zu kaufen“, sagte Bernd Zens, Kapitalanlagevorstand der DEVK. Attraktiv seien vor allem Anleihen aus den „gesunden“ Jahrgängen 2003 und 2004, die unberechtigterweise unter den Kapitalmarktturbulenzen gelitten hätten, erklärte er. Auch Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard sagte dem „Handelsblatt“, bei ABS-Papieren werde sein Konzern „gezielt, aber sehr selektiv“ wieder stärker ins Risiko gehen. „Wir wagen uns mehr als bisher an Kreditrisiken heran, weil diese inzwischen angemessen vergütet werden“, sagte von Bomhard.

Die aktuelle Krise wurde ausgelöst, weil US-Banken zweitklassige Hypothekenkredite in Asset Backed Securities (ABS-Anleihen) verpackt (im Fachjargon: „verbrieft“) und an andere Institute verkauft hatten. Als die Kredite ausfielen, brachen die Kurse der Anleihen ein und zwangen deren Käufer zu Abschreibungen. Damit gerieten auch ABS-Papiere in Verruf, deren zugrunde liegende Kredite völlig intakt waren. Ebenso litten andere Anleiheformen, so dass Banken weltweit schon 255 Milliarden Dollar an Wertberichtigungen vornehmen mussten.

Kommt jetzt der Handel mit ABS-Papieren wieder in Schwung, bedeutet das für die Banken zweierlei: Sie könnten auf der einen Seite wieder mehr Kredite gewähren, weil sie diese Forderungen über Verbriefungen wieder leichter weiterverkaufen könnten. Auf der anderen Seite besteht die Chance, dass die Preise für die Papiere in den Büchern der Banken wieder steigen und sich die Wertberichtigungen zum Teil in Gewinne zurückverwandeln lassen. „Bei strukturierten Papieren haben sich die Preise in den vergangenen zwei bis drei Wochen kaum verändert“, sagt Daniel Scharpenack, Chef von Cis Asset Management, einem der größten unabhängigen Akteure im Bereich der verbrieften Kredite in Europa. Die Preisbildung bei ABS-Papieren hat demnach offenbar ihren Boden erreicht. HB

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