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Wirtschaft: Versicherer schließen Prämienerhöhungen nicht aus

Verheerende Schadenbilanz nach Herbststurm Jeanett und Sommer-Hochwasser –Katastrophenjahr 2002 reißt Löcher in die Bilanzen

Berlin/München (hej/mot/nad). Die deutsche Versicherungswirtschaft rechnet nach dem Herbststurm „Jeanett“ und der Hochwasserkatastrophe im Sommer mit einem besonders schwierigen Jahr. „2002 war auch ohne das jüngste Unwetter kein schönes Jahr“, sagte Stephan Schweda vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Montag. Das Ausmaß der Schäden vom Wochenende sei allerdings noch nicht bekannt. Betroffenen empfahl der GDV, sich mit ihrer Versicherung in Verbindung zu setzen.

Dem Versicherungskonzern Allianz hat das Sturmtief „Jeanett“ nach einer ersten Schätzung in Deutschland eine Gesamtschadensumme von 80 Millionen Euro beschert. Bislang seien 80000 Schadenfälle gemeldet worden, sagte ein AllianzSprecher. Der größte Teil der Summe sei rückversichert. „Jeanett“ führte damit zu einer deutlich geringeren Belastung als Unwetter „Lothar“ vor drei Jahren. Damals habe die Allianz eine Brutto-Schadenssumme von 140 Millionen Euro verzeichnet.

„Wir sind auf solche Ereignisse vorbereitet", hieß es bei der Münchener Rück. Dennoch beobachtet der Rückversicherer mit Besorgnis die jüngsten Unwetter. „Die jüngsten Stürme und das Hochwasser können Indizien für einen Klimawandel sein", sagt Florian Wöst, Sprecher der Münchener Rück. Dies glaubt auch GDV-Sprecher Schweda: „Es zeichnet sich eine höhere Taktfrequenz für das Auftreten solcher Stürme ab.“

Sollten sich die Unwetter weiter häufen, hätte das gravierende Folgen für die Versicherungswirtschaft. „Wenn die Schäden weiter zunehmen, werden wir die Prämien erhöhen müssen", sagt Wöst. Auch die Allianz schließt nicht aus, dass die Prämien langfristig angehoben werden müssen. Neben der Flutkatastrophe belasten auch Sturm und Hagel die Kasse des Versicherers: Allein im ersten Halbjahr habe es 213000 Schadensfälle durch Sturm und Hagel gegeben, sagte Allianz-Sprecher Klaus Schmidtke. Das sei ein Anstieg von 400 Prozent im Vergleich zu 2001.

„Das wird kein erfreuliches Jahr“, bilanziert auch Alois Schnitzer, Sprecher des zweitgrößten deutschen Autoversicherers Huk Coburg. Zwar schließt Schnitzer Prämienerhöhungen „definitiv“ aus. Das versicherungstechnische Ergebnis der Huk Coburg werde nach dem Katastrophenjahr 2002 jedoch stark belastet. „Das Ergebnis wird wohl positiv ausfallen“, glaubt Schnitzer. „Vor Jeanett hätte ich das aber mit einem ruhigeren Gewissen gesagt.“ Einen signifikanten Anstieg der Sturm- und Hagelschäden verzeichnet die Huk in der Kasko-Versicherung. So häufig wie in diesem Jahr seien in den vergangenen zehn Jahren noch nie Unwetterschäden an Autos gemeldet worden. Bis Ende September gingen Schnitzer zufolge 42000 Meldungen mit einem Schadenvolumen von 65 Millionen Euro ein. Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es nur 17000 mit einem Volumen von 38,3 Millionen Euro, im Jahr zuvor 31000 (rund 50 Millionen Euro).

Erstversicherer wie die Allianz oder die Huk Coburg schließen ihrerseits Versicherungen bei Rückversicherern ab, um die Schäden nicht in voller Höhe tragen zu müssen. „Noch ist das Geschäft versicherbar", sagt Münchener-Rück-Sprecher Wöst. Sollten jedoch die Naturkatastrophen weiter zunehmen, könnte eines Tages die Situation entstehen, dass die Versicherungswirtschaft neue Lösungen zur Deckung dieser Risiken finden muss. Eine Möglichkeit sind hier zum Beispiel erhöhte Schadenselbstbehalte. Ob wie bei der Terrorismusversicherung „Extremus" ein Pool aus Erst- und Rückversicherern gebildet werden sollte, wird in der Branche noch nicht diskutiert. „Hier muss die Initiative vom Gesetzgeber ausgehen“, meint GDV-Sprecher Schweda.

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