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Wirtschaft: Versicherungen drohen mit höheren Tarifen

EU plant gleiche Beiträge für Männer und Frauen – aber das würde Policen für alle teurer machen, sagt die Branche

Brüssel (lob). Die deutschen Versicherungen wollen sich mit allen Mitteln gegen die von Brüssel geplante Vereinheitlichung der Tarife für Frauen und Männer wehren. Sollte sich EUSozialkommissarin Anna Diamantopoulou mit ihren Plänen durchsetzen, sei auch ein Gang vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht ausgeschlossen, sagte die stellvertretende Leiterin des Verbandes der privaten Krankenversicherungen (PKV), Sybille Sahmer, dem Tagesspiegel. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und auch die Allianz als deutscher Marktführer drohen mit zum Teil erheblichen Preissteigerungen etwa bei Rentenpolicen für Männer und bei Autoversicherungen für Frauen.

Diamantopoulou will ihre Gleichstellungsrichtlinie an diesem Mittwoch in Brüssel von der EU-Kommission absegnen lassen. Eine Zustimmung gilt als sicher. Die Vorlage schreibt der Versicherungsbranche Unisex- Tarife vor, also gleiche Tarife unabhängig vom Geschlecht der versicherten Person, die bisher europaweit die Ausnahme sind. Bisher zahlen Frauen vor allem in der privaten Kranken- und Rentenversicherung höhere Tarife als Männer. Die Kommissarin sieht hierdurch Frauen diskriminiert.

Aus Sicht der privaten Krankenversicherungen sei Diamantopoulous Vorlage „alles andere als sinnvoll“, sagte Sahmer. Die Kosten für Frauen lägen um 40 Prozent höher als die für Männer. Der Grund: Frauen gingen häufiger zum Arzt und lebten länger als Männer. Auf Schwangerschaften lässt sich nach Sahmers Worten dagegen nur ein Teil der höheren Beiträge zurückführen. Setze sich Diamantopoulou mit ihren Forderungen durch, würden ihr zufolge alle Tarife auf Frauenniveau angehoben. Die Folge sei eine „Diskriminierung der Männer“.

Der GDV drohte mit deutlichen Preissteigerungen für Männer wie für Frauen. „Frauen leben laut Versicherungsstatistik vier bis viereinhalb Jahre länger als Männer“, begründete dies Sozialpolitik-Experte Peter Schwark. Dürfe die Branche dies etwa bei der privaten Rentenversicherung nicht mehr berücksichtigen, müsse sie die Tarife anheben. Rentenpolicen wie etwa Riester-Verträge würden damit für Männer im Schnitt um zehn Prozent teurer. Eckhard Marten von der Allianz Leben rechnet damit, dass Männer zehn bis 30 Prozent mehr zahlen müssten.

Aber auch bisher für Frauen günstigere Tarife wären laut GDV betroffen. So würden die Beiträge zur Risikolebensversicherung um rund 80 Prozent steigen. Bisher zahlen Frauen deutlich weniger, da das Todesrisiko bei Männern statistisch doppelt so hoch ist. Preiserhöhungen drohen laut Schwark auch bei Autoversicherungen, die für Frauen wegen der riskanten Fahrweise junger Männer bisher billiger sind: Diese würden für Frauen unter 30 Jahren um rund 20 Prozent teurer.

Eine Sprecherin Diamantopoulous verteidigte die Richtlinie gegen die Kritik. „Das Geschlecht ist nicht der bestimmende Faktor für die Lebenserwartung“, sagte sie. Entscheidend sei, ob jemand rauche und aus welcher Region und sozialen Schicht er oder sie stamme. In Hinsicht auf eine mögliche Klage zeigte sie sich gelassen: „Wir würden diesen Vorschlag nicht verfolgen, wenn wir ihn nicht für juristisch wasserdicht hielten.“

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