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Myanmar

© AFP

Versicherungen: Eines der schlimmsten Katastrophenjahre

Hunderttausende werden Opfer von Stürmen und Beben. Das Unternehmen Münchener Rück sieht deshalb auch die Politik unter Zugzwang.

Die teuerste Naturkatastrophe des vergangenen Jahres war mit rund 85 Milliarden Dollar (60 Milliarden Euro) das Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan, die meisten Menschen kamen dagegen bei dem Tropensturm Nargis in Myanmar ums Leben. Das geht aus der jährlichen Katas trophenbilanz der Münchener Rück hervor, die der Versicherungskonzern am Montag in München vorstellte. Das Jahr 2008 werde – gemessen am finanziellen Schaden – als eines der schlimmsten Katas trophenjahre in die Geschichte eingehen, meint der Konzern, der als Versicherer der Versicherer für derartige Schäden vielfach aufkommen muss.

Auch im langfristigen Trend rechnet die Münchener Rück wegen des Klimawandels mit einer Zunahme von Stürmen, Erdbeben und anderen Naturkatastrophen, vor allem in Asien. „Der Klimawandel hat bereits eingesetzt und trägt mit großer Wahrscheinlichkeit zu immer häufigeren Wetterextremen und dadurch bedingten Naturkatastrophen bei“, sagte Münchener-Rück-Vorstand Torsten Jeworrek.

Im Vergleich zum Vorjahr habe sich die Lage nur auf den ersten Blick entspannt. 2007 waren noch 960 Naturkatastrophen registriert worden, 2008 waren es 750. Fürchterlich sei 2008 aber die Zahl von über 220 000 Opfern, die durch Naturkatastrophen ums Leben kamen, sagte Jeworrek. Der gesamtwirtschaftliche Schaden habe sich von 82 Milliarden (2007) auf rund 200 Milliarden Dollar weit mehr als verdoppelt, die versicherten Schäden um die Hälfte auf 45 Milliarden Dollar erhöht, bilanzierte der Rückversicherer.

Gemessen an der Schadenssumme sei 2008 nach 1995 (mit dem Erdbeben im japanischen Kobe) und dem Hurrikanjahr 2005 das bislang am schlimmsten von Naturkatastrophen heimgesuchte Jahr gewesen. Allein der Zyklon Nargis im asiatischen Myanmar habe mehr als 135 000 Opfer gefordert. Das Ausmaß sei auch deshalb so schlimm, weil große Teile der Mangrovenwälder, die als Küstenschutz dienten, vernichtet worden waren. Der größte wirtschaftliche Schaden entstand 2008 durch das Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan, das insgesamt 85 Milliarden Dollar kostete und nach offizieller Statistik 70 000 Menschenleben forderte. Für die Versicherer war der karibische Hurrikan Ike mit versicherten Schäden von 15 Milliarden Dollar das teuerste Einzelereignis des Jahres.

Die meisten Katastrophen gab es 2008 in Asien. Europa sei im zehntwärmsten Jahr seit Beginn der Temperaturmessung dagegen relativ glimpflich davongekommen, sagte Peter Höppe, der Chefrisikoforscher der Münchener Rück. Milliardenschäden hätten das Orkantief Emma und das Unwettertief Hilal gebracht, das vor allem in Baden-Württemberg gewütet hatte. „Die Wettermaschine läuft auf höheren Touren“, konstatierte Höppe mit Blick auf Treibhausgase und Erwärmung der Erdatmos phäre. In Deutschland mache sich das vor allem in Wetterextremen wie Hitzewellen und Überschwemmungen bemerkbar. Dadurch könne der Klimawandel auch hierzulande demnächst zu höheren Prämien für entsprechende Versicherungspolicen führen.

Wie ernst es der Versicherungskonzern mit dieser Ankündigung meint, hat er in den USA gezeigt. Die Policen haben sich in den letzten Jahren verdoppelt, weil die Küstenregionen von immer mehr und stärkeren Hurrikanen heimgesucht würden, sagte Höppe. Mit steigenden Preisen oder Ausschlussklauseln könne die Versicherung aber nur auf die Folgen des Klimawandels reagieren. Ihn zu bremsen, bleibe das weit wichtigere Ziel. Bei dem Ende 2009 anstehenden Klimagipfel in Kopenhagen müsse daher bis 2050 mindestens eine Halbierung der Treibhausgasemissionen im globalen Maßstab vereinbart werden, forderte Vorstand Jeworrek. Kommende Generationen müssten ansonsten mit kaum beherrschbaren Wetterszenarien leben.

Auch für die Wirtschaft könnte das teuer werden. Sollte die Politik zu lange zögern, prognostiziert der britische Klimaexperte Nicholas Stern bis 2050 durch den Klimawandel bedingte, sukzessiv steigende Kosten in Höhe von 5 bis 20 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Diese beträgt heute rund 45 Billionen Dollar. Die Kosten zur Eindämmung des Klimawandels beziffert Stern pro Jahr auf ein Prozent dieser Summe. Aktiver Klimaschutz berge durch die Förderung neuer Technologien großes, auch für Wirtschaftsimpulse taugendes Wachstumspotenzial, betont die Münchener Rück. Die wegen der Rezession weltweit anlaufenden staatlichen Förderprogramme müssten deshalb auch in Richtung Klimaschutz gelenkt werden. Wärmedämmung von Altbauten oder erneuerbare Energien seien lohnende Ziele.

Die Wirtschaftskrise dürfe keinesfalls dazu führen, dass man den Klimaschutz aus den Augen verliere, mahnte Höppe. Denn 2008 seien ungeachtet aller Klimaschutzziele und der beginnenden Rezession die Emissionen an Treibhausgasen weiter gestiegen. Wegen gesunkener Öl- und Gaspreise lasse der Sparzwang aber nur vermeintlich nach, wie die aktuelle Statistik der Naturkatastrophen belegt.

Thomas Magenheim-Hörmann, Maren Peters

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