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Halb voll oder halb leer? Bürger, Politiker und Wirtschaft hoffen, dass die relativ hohen Berliner Wassertarife demnächst sinken. Die Verhandlungen dazu sind schwierig. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Versorger: Wasserbetriebe überweisen 200 Millionen Euro an Berlin

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) gehören weiter zu den flüssigsten Unternehmen der Hauptstadt. Ob die Bürger nun weniger bezahlen müssen, bleibt offen.

132 Millionen Euro Gewinn hat das 1999 teilprivatisierte Unternehmen im vergangenen Jahr an die privaten Anteilseigner, die Konzerne RWE und Veolia, abgeführt. Das Land Berlin – mit 50,1 Prozent Mehrheitsgesellschafter – kassierte 122 Millionen Euro Gewinnanteil. Zudem flossen in den Landeshaushalt 49 Millionen Euro für die Entnahme von Grundwasser, elf Millionen Euro Abwasserabgabe und 20 Millionen Euro Sondernutzungsentgelt für Rohrleitungen im öffentlichen Straßenland. Insgesamt erhielt das Land also rund 200 Millionen Euro aus den BWB. Der Trinkwasserverkauf legte nach jahrelangem Rückgang um 0,7 auf 193 Millionen Kubikmeter zu. Dass der Bilanzgewinn um rund elf Millionen auf 122 Millionen Euro sank, beruht nach Auskunft von Vorstandschef Jörg Simon auf einem steuerlichen Sondereffekt im Vorjahr.

Dass die Wasserbetriebe ihre Bilanz in diesem Jahr erst Ende Juni und nicht wie sonst im März präsentierten, hängt mit den turbulenten Rahmenbedingungen zusammen: Auf Initiative von Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) prüft das Bundeskartellamt seit Monaten, ob die Wassertarife in Berlin überhöht sind. Eine abschließende Beurteilung steht noch aus, aber in einer vorläufigen Einschätzung erklärte die Behörde im März, dass die Berliner Wassertarife um rund 50 Cent pro Kubikmeter über denen anderer Großstädte lägen. Das ist etwa ein Viertel.

Seitdem kämpfen die BWB an zwei Fronten. Zum einen haben sie eine Feststellungsklage eingereicht, um zu klären, ob das Kartellrecht auf sie überhaupt anwendbar ist. Die Wasserbetriebe verneinen das mit Verweis auf die gesetzlich bis ins Detail festgelegten Berliner Tarife. Parallel haben sie dem Kartellamt eine eigene Kalkulation geschickt, in der sie neben den vom Land vorgegebenen Fixkosten auch „Standortnachteile“ auflisten – etwa die hohen Investitionen nach der Wiedervereinigung, die aufwendige Förderung aus Tiefbrunnen und die teure Verlegung von Rohren im grundwasserdurchtränkten Boden. „Für einen fairen Vergleich hätte man auch Ost-Städte einbeziehen müssen“, sagte Simon. Denn dort sei der Wasserabsatz durchweg geringer als im Westen.

Die von Politikern und Wirtschaft geforderten Preissenkungen können aus Sicht von Simon nur in einem Gesamtpaket zwischen den Gesellschaftern vereinbart werden. Nach Tagesspiegel-Informationen sind die Verhandlungen dazu bereits relativ weit vorangekommen. Als wahrscheinlich gilt, dass sich RWE von seinem 24,95-prozentigen Anteil trennt und sowohl Veolia als auch das Land dafür ihre Beteiligungen aufstocken. Zugleich ist Veolia offenbar zu Zugeständnissen bereit.

Ob die Tarife bereits 2012 sinken, ließ Simon offen. Wolf hat bereits diese Erwartung geäußert. Simon ließ durchblicken, wie schwierig das Verhältnis zwischen den Wasserbetrieben und dem Wirtschaftssenator ist, der zugleich Aufsichtsratschef der BWB ist und als Spitzenkandidat für die Linken zur Abgeordnetenhauswahl antritt: Wolf habe „verschiedene Hüte“, sagte Simon. „Dass man das als Vorstand nicht so toll findet, ist ja klar.“

Ungeachtet dieser Querelen präsentieren sich die BWB als umweltfreundliches Unternehmen mit gutem Draht in die Region: Rund zwei Drittel des 407 Millionen Euro großen Einkaufsvolumens seien im Vorjahr an Berliner Unternehmen vergeben worden. Dass die Investitionen um rund drei Prozent gesunken seien, habe an der langen Frostperiode gelegen. Auch der Personalabbau – die Zahl der Vollzeitstellen sank um 87 auf 2861 – solle gestoppt werden.

Mit der Vermeidung von 41 000 Tonnen Kohlendioxid seit 2005 haben die BWB ihre Klimaschutzvereinbarung mit dem Senat laut Simon übererfüllt. Außerdem sei die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm so weit entwickelt worden, dass die BWB demnächst in großem Stil Dünger über den Handel vertreiben wollen. Für den seit Jahren geplanten Bau von drei Windrädern auf BWB-Flächen lägen dagegen noch immer nicht alle Genehmigungen vor.

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