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Wirtschaft: Verzögerungen beim Transrapid-Projekt

BERLIN (chi).Kommt er, kommt er nicht - beim Transrapid halten sich die Beteiligten bedeckt.

BERLIN (chi).Kommt er, kommt er nicht - beim Transrapid halten sich die Beteiligten bedeckt.Umso mehr schießen die Spekulationen ins Kraut.Am Donnerstag berichtete die "Hannoversche Allgemeine Zeitung", nach aktuellen Berechnungen werde der Bau der Trasse um 1,8 Mrd.DM teurer als geplant - statt 6,1 Mrd.DM laute die Schätzung nun 7,4 Mrd.DM.Das Eisenbahnbundesamt hatte vor wenigen Monaten sogar Mehrkosten von bis zu 2,8 Mrd.DM ermittelt.Bei der für den Trassenbau zuständigen Magnetbahnplanungsgesellschaft (MPG) wiegelt man ab: "Die Berechnungen können wir nicht nachvollziehen.Es gibt keine neuen Zahlen", sagte MPG-Sprecher Peter Jablonski auf Anfrage.Nur eines räumte er ein: Der Start der Magnetbahn werde sich verzögern.Das Jahr 2005 sei "nicht zu halten".Neuer Termin: Oktober 2006.

Ob es überhaupt dazu kommt, ist allerdings fraglich.Denn in Bonn haben sich die Vorzeichen geändert.Anders als sein Vorgänger, der nur betonte, der Transrapid dürfe kein "unkalkulierbares Haushaltsrisiko" sein, hat Bundesverkehrsminister Franz Müntefering klare Vorgaben gemacht: Ja zum Transrapid, alle auftauchenden Mehrkosten müsse aber die Industrie übernehmen - so steht es im Koalitionsvertrag.Damit ist klar, daß der Bund nicht mehr als die im Eckpunktepapier 1997 veranschlagten Kosten von 6,1 Mrd.DM übernehmen wird."Das ist das Limit", sagte Münteferings Sprecher Michael Donnermeyer am Donnerstag.Etwaige Spekulationen, die Mehrkosten könnten zu je einem Drittel zwischen Bund, Industrie und dem Betreiber Deutsche Bahn aufgeteilt werden, seien aus der Luft gegriffen."Der Koalitionsvertrag ist eindeutig", so Donnermeyer.

Nun wird gerechnet.Immerhin sind Risikofaktoren hinzugekommen, wie Umweltauflagen der Europäischen Union, höhere Sicherheitsstandards oder Mehrkosten für den Grundstückserwerb von angeblich 400 Mill.DM.Ungeklärt ist zudem, ob der Transrapid in den Lehrter Bahnhof schweben kann, weil von dort die Weiterführung nach Süden teuer wird: Die Pfeiler der Stadtbahnbrücke stehen im Weg (Tsp.vom 24.1.99).MPG-Sprecher Jablonski zeigte sich dennoch überzeugt, die Kosten in den Griff zu bekommen."Wir sind mitten in der Optimierungsphase", sagte er.Alles stehe auf dem Prüfstand: technische Komponenten, Baukosten, und auch eine einspurige Trassenführung sei "in Teilbereichen" denkbar.Die Wirtschaftlichkeitsrechnung werde noch in diesem Jahr vorliegen.

Viel teurer darf es nicht werden.Denn auch die Bahn will sich streng an das Eckpunktepapier halten - ein höheres Nutzungsentgelt will sie nicht akzeptieren.Für die Industrie wird es damit eng.Viel Spielraum haben die defizitgeplagten Partner Siemens und Adtranz nicht.Das nährt Gerüchte, nur noch Thyssen stehe hinter dem Projekt."Alles Humbug", sagt der Sprecher des Industriekonsortiums TRI, Peter Wiegelmann.Am heutigen Freitag tagt der Aufsichtsrat."Routinesitzung", heißt es offiziell.

Keine Traumtänzerei beim Transrapid

Noch hat der Transrapid ein Chance.Doch mit der Traumtänzerei ist es vorbei - das muß nun auch die Industrie begreifen.Aus Bonn weht ein anderer Wind.Anders als die bisherige Bundesregierung, die nur vage ein "unkalkulierbares Haushaltsrisiko" für den Hochtechnologie-Zug ausschloß und durchaus Bereitschaft signalisierte, sich in einem gewissen Rahmen an Mehrkosten zu beteiligen, haben die Nachfolger weitere Zuschüsse abgelehnt.Bundesverkehrsminister Franz Müntefering will nur einen festen Beitrag zahlen: 6,1 Milliarden Mark, und keinen Pfennig mehr.

Dieses Signal war überfällig - nicht nur aus Sicht der Steuerzahler.Daß das Risiko nun allein bei der Industrie liegt, ist nämlich auch für diese keineswegs von Nachteil.Die vagen Kostenschätzungen und euphorischen Passagierprognosen haben das Image des Mega-Projektes in der Öffentlichkeit ohnedies schon übermäßig beschädigt.Die klaren Vorgaben aus Bonn zwingen die Industrie nun erstmals, die Vor- und Nachteile exakt abzuwägen, über Einsparungen nachzudenken, Überflüssiges zu streichen und die Passagierprognosen zu überprüfen.Manch einer der Manager der Industrie mag sich jetzt ärgern, daß man zu lange mit dem Verkehrsministerium um Zuschüsse gefeilscht hat.Sie sollten es stattdessen als Chance begreifen.Denn eines ist sicher: Die Verbindung Berlin-Hamburg war von Anfang an als Referenzprojekt für den Export gedacht.Sollte sich der Transrapid als Milliardendebakel erweisen, das immer neue staatliche Zuschüsse benötigt, werden sich auch im Ausland kaum Abnehmer dafür begeistern. Margarita Chiari

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