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Wirtschaft: Viele Ostfirmen zehren von der Substanz

BERLIN ."Die unzureichende Leistungskraft ist und bleibt das Kernproblem der ostdeutschen Industrie.

BERLIN ."Die unzureichende Leistungskraft ist und bleibt das Kernproblem der ostdeutschen Industrie." Zwar verbessere sich die wirtschaftliche Lage der Betriebe zunehmend - allerdings nur in dem Sinn, daß die Verluste von Jahr zu Jahr kleiner würden.Von einer Kostendeckung, so die übereinstimmende Meinung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, des Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, und des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), seien die meisten Unternehmen weit entfernt.In ihrem 18.Bericht über die Anpassungsfortschritte in Ostdeutschland ziehen die drei Forschungsinstitute das Fazit, der industrielle Neuaufbau komme auf breiter Basis voran.Doch acht Jahre nach der Wende seien die Kosten häufig noch immer höher als die Erträge: "Viele Unternehmen zehren weiter von der Substanz, um die es ohnehin nicht gut bestellt ist."

Eine alarmierende Feststellung, auf die auch bereits die Deutsche Bundesbank hingewiesen hat.Denn nur wenn es gelingt, stabile Unternehmen zu schaffen, die ausreichend mit Eigenkapital ausgestattet sind, kann es zu einem selbstragenden Aufschwung kommen.Die Kosten- und Ertragslage ist zwar sehr unterschiedlich.Doch im Durchschnitt, erklären die Forscher, überstiegen die Kosten die wirtschaftliche Leistung um 5 Prozent - und das in fast allen Branchen.Zum Vergleich: In der alten Bundesrepublik konnten die Betriebe eine knappe Kostenüberdeckung von einem Prozent verbuchen.

Zu den positiven Ausnahmen im Osten zählen DIW, IfW und IWH das Papier- und Druckgewerbe, die Hersteller von Gummi- und Kunststoffwaren sowie die Medizintechnik.Eine extrem hohe - teilweise zweistellige - Kostenunterdeckung wiesen dagegen die Metallerzeugung, die chemische Industrie und der Maschinenbau auf.

Als Gründe für die noch immer hohen Verluste nennen die Institute die unzureichende Kapitalausstattung, Defizite im Technologiemanagement und in der Betriebsorganisation.Ungenügende Innovationstätigkeit, falsche Spezialisierung und absatzwirtschaftliche Schwächen käme hinzu.Ein weiteres Problem: die Personalkosten.Zwar seien die effektiv gezahlten Löhne und Gehälter im Durchschnitt noch um ein Fünftel niedriger als in westdeutschen Unternehmen.Gemessen an der Produktivität, seien sie aber beträchtlich höher.

Nach einer Umfrage des DIW unter 3400 ostdeutschen Industrieunternehmen haben jedoch immerhin 44 Prozent der befragten Betriebe im vergangenen Jahr einen Gewinn erwirtschaftet.25 Prozent wiesen ein ausgeglichenes Ergebnis auf, ein knappes Viertel schrieb Verluste.In den Jahren 1995 und 1996 dagegen, berichtet das DIW, hätten erst 38 Prozent der Unternehmen Erträge erzielt.Bemerkenswert ist nach Ansicht der Institute auch, daß etliche Betriebe im laufenden Jahr die Gewinnschwelle überschreiten wollen.Allerdings erwarte ein Fünftel der Unternehmen, die 1997 noch einen Gewinn erwirtschafteten, nun rote Zahlen."Viele Unternehmen", schreiben die Forscher, seien "akut in ihrer Existenz gefährdet, weil sie nicht ausreichend über Eigenkapital verfügen".

SILKE KERSTING (HB)

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