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Wirtschaft: „Viele Stromhändler sind schon Pleite gegangen“ Verbraucherschützer Kasper

fordert einen starken Regulierer

THORSTEN KASPER

ist Energieexperte

des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen

(vzbv)

Foto: promo

Herr Kasper, viele BilligstromAnbieter haben in den vergangenen Monaten ihre Preise erhöht. Warum?

Auf dem deutschen Strommarkt gibt es keinen funktionierenden Wettbewerb. Viele Stromhändler sind Pleite gegangen oder haben sich vom Markt zurückgezogen. Die alten Stromversorger verlangen als Netzmonopolisten hohe Netzdurchleitungsgebühren von den neuen Anbietern und setzen diese so unter Druck. Die Newcomer auf dem Markt haben daher keine Chance, die Verbraucher mit wirklich kostengünstigen Tarifen zu einem Wechsel ihres Lieferanten zu bewegen. Das liegt an dem unsäglichen deutschen Sonderweg bei der Liberalisierung des Strommarktes, der gescheitert ist.

Der deutsche Sonderweg war die von der Wirtschaft selbst ausgehandelte Verbändevereinbarung. Jetzt soll es eine Regulierungsbehörde geben. Was bringt das?

Das hängt davon ab, wie die neue Regulierungsbehörde ausgestaltet sein wird. Bisher gilt die Verbändevereinbarung, mit der die Verbände der früheren Monopolisten die Regeln für die Liberalisierung des Strommarktes selbst aufgestellt haben. Dabei haben sie weder Verbrauchervertreter noch Vertreter der neuen Stromanbieter gleichberechtigt und ernsthaft beteiligt. Die einzige Kontrollinstanz ist das Bundeskartellamt, das jedoch immer nur nachträglich missbräuchlich hohe Gebühren angreifen kann. Außerdem vergeht viel Zeit, bis die Verfahren entschieden sind. Dann haben sich die Wettbewerber aber bereits vom Markt zurückgezogen. Wir fordern, dass der neue Regulierer eine Vorab-Kontrolle ausübt. Die Regulierungsbehörde soll Gebühren wie die Netznutzungsentgelte vorab genehmigen. Nur so kann man zeitnah einen diskriminierungsfreien Netzzugang für alle neuen Stromanbieter sicherstellen und für einen echten Wettbewerb und damit Preisdruck sorgen.

Wo sollte die Regulierungsbehörde angesiedelt werden?

Nicht bei den landesrechtlichen Tarifbehörden. Es ist wichtig, eine unabhängige, starke Behörde mit dieser Aufgabe zu betrauen. Das könnte das Bundeskartellamt sein, wenn gleichzeitig seine Kompetenzen erweitert werden. Es könnte aber auch eine eigenständige Regulierungsbehörde geschaffen werden, die dann auch alle künftigen Regulierungsaufgaben übernehmen sollte. Hierfür könnten die bereits vorhandenen Regulierungsbehörden für Telekommunikation, Post und Bahn zusammengelegt und eine neue, starke Aufsichtsbehörde geschaffen werden, die sich später auch um die Liberalisierung des Wassermarktes kümmern kann.

Das Interview führte Heike Jahberg.

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