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Unter Beobachtung. Analysten bezweifeln, dass das Produktionssystem von VW die erhofften Einsparungen bringt.

© dpa

Volkswagen, GM, Toyota: VW will sich an die Spitze sparen

Die Kosten steigen, die Marge sinkt, die Konkurrenz holt auf – Europas Nummer eins wird nachdenklich. Den US-Wettbewerbern GM und Ford geht es derweil wieder besser.

Berlin - Mit der deutschen Automobilindustrie scheint es immer nur bergauf zu gehen. Seit längerer Zeit verbreiten die Hersteller diese Erfolgsgeschichte: Die reißende Nachfrage nach deutschen Automarken in China und Nordamerika macht die Flaute auf dem europäischen Automarkt mehr als wett. Massive Einbrüche bei den Verkaufszahlen vor allem in Südeuropa kompensieren die „Premiumhersteller“ Audi, BMW, Porsche und Mercedes locker in Asien und Übersee. Das Ergebnis: Verlässlich steigende Absatzzahlen, Gewinne und ein unerschöpfliches Angebot neuer Modelle für jeden Kundenwunsch.

Ans Sparen, so schien es, musste lange Zeit niemand hierzulande denken – ganz anders die krisengeplagten Wettbewerber der Deutschen, PSA Peugeot Citroën, Renault, Fiat oder die GM-Tochter Opel.

Am Mittwoch überraschte Volkswagen mit einer ungewohnt nüchternen Ansage: „Unser Fokus liegt auf einer konsequenten Kosten- und Investitionsdisziplin“, sagte Finanzchef Hans Dieter Pötsch bei der Vorlage der Quartalszahlen. Nach einer „soliden Entwicklung“ in den ersten neun Monaten dieses Jahres, sei eine „schnelle Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht zu erwarten“. Europas größter Automobilhersteller, der unter seinem Dach zwölf Marken versammelt hat, muss sparen.

Operativ legte der VW-Konzern im dritten Quartal zwar zu, den Planungen auf Jahressicht hinken die Wolfsburger aber leicht hinterher. Mit 8,56 Milliarden Euro Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) für die ersten neun Monate muss sich VW anstrengen, um das Jahresziel von 11,5 Milliarden Euro zu erreichen. VW-Chef Martin Winterkorn warnte: „In dem überaus harten wirtschaftlichen Umfeld sind die Ziele, die wir uns für das laufende Geschäftsjahr gesetzt haben, sehr ambitioniert.“

An dem Ziel, den Rekordumsatz von 192,7 Milliarden Euro aus dem Jahr 2012 dieses Jahr zu knacken und bis 2018 an die Weltspitze zu fahren – und General Motors (GM) und Toyota zu überholen – hält Winterkorn zwar fest. Daran, dass man Letzteres womöglich schon früher schaffen könnte – was zuletzt in Wolfsburg niemand dementiert hatte –, ist vorerst aber nicht zu denken.

Dies umso weniger, als GM am Mittwoch ebenfalls Geschäftszahlen vorlegte, die zeigen, dass die Amerikaner beim Sparen schon weiter sind als der VW-Konzern. Auch die deutsche GM-Tochter Opel kommt bei der Sanierung ihres Europageschäfts in großen Schritten voran und liegt dem Mutterkonzern immer weniger auf der Tasche. Der Betriebsverlust im abgelaufenen Quartal halbierte sich. Damit kann sich GM wieder der Expansion in anderen Regionen zuwenden – und ist weniger mit sich selbst beschäftigt. Seit 13 Jahren hat der US-Konzern in Europa durchgehend rote Zahlen geschrieben. GM-Finanzchef Dan Ammann sagte, nun sei der Konzern auf Kurs, bis Mitte des Jahrzehnts die Gewinnschwelle in Europa wieder zu erreichen. Auch der kleinere US-Rivale Ford hatte diese Woche einen halbierten Quartalsverlust in Europa gemeldet.

Für den europäischen Marktführer Volkswagen bedeutet das Comeback der US-Konkurrenz noch keine unmittelbare Gefahr. Aber VW muss aufpassen, dass das Zwölf-Marken-Reich nicht ins Ungleichgewicht gerät – und die Modelle für das Massengeschäft (VW, Seat, Skoda) zurückfallen. In den ersten neun Monaten war es vor allem der Sportwagenbauer Porsche, der den VW-Konzern in Schwung hielt. Mit ihrem Absatz-, Umsatz- und Gewinnplus gleichen die Schwaben Rückgänge bei der Kernmarke VW-Pkw sowie bei Audi und Skoda locker aus.

Unter dem Strich fällt der Vergleich mit Toyota und GM aber negativ für VW aus. „Während Toyota und GM sich deutlich bei Umsatz, Gewinn und Gewinnmarge verbessern konnten, ist bei VW gegenüber dem Vorjahr zwar der Umsatz leicht gestiegen, aber der operative Gewinn zurückgegangen“, sagt Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Institut der Universität Duisburg-Essen. Die operative Marge der Kernmarke VW-Pkw sei auf 2,9 Prozent geschrumpft. GM kommt nach Dudenhöffers Rechnung auf 4,3 Prozent, Toyota auf 10 Prozent. Rechnet man Lkw und Finanzdienstleistungen bei Volkswagen hinzu, liegt die Gewinnmarge bei 5,9 Prozent.

Je mehr Gewinn vom Umsatz übrig bleibt, desto handlungsfähiger ist ein Unternehmen. Bei Volkswagen seien aber die Vertriebs- und Verwaltungskosten gestiegen, sagt Dudenhöffer. „Damit sind die schon seit langem angekündigten Kosteneinsparungen bei der Modulstrategie nicht zu erkennen.“ Auch Analysten argwöhnen, dass das neue Produktionssystem bei VW, bei dem mehr gleiche Teile in unterschiedlichen Modellen zum Einsatz kommen, nicht die versprochenen Einsparungen liefert. Zudem wird befürchtet, dass die Renditen einzelner Modelle dadurch sinken könnten.

Volkswagen lässt diese Kritik nicht gelten. Durch den Modularen Querbaukasten sehe der Konzern schon 2013 einen spürbaren Beitrag zur Kostensenkung, sagte Finanzchef Pötsch. An der Börse glaubte man ihm: Die VW-Aktie sprang um mehr als sechs Prozent in die Höhe.

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