zum Hauptinhalt
Welche Auswirkungen der Skandal am Ende haben wird, ist noch nicht abzusehen.

© dpa

Volkswagen in der Krise: Ferdinand Piëch gegen den Rest von VW

Nach Dieselgate täte der Konzern gut daran, endlich in der Führungsetage aufzuräumen. Auch ohne den Staatsanwalt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Wolfsburg ist nicht der Nabel der Welt. Die Stadt ist nicht sonderlich hübsch, manchmal brettern ICEs versehentlich ohne Halt durch. Doch was sich in den vergangenen Tagen rund um den größten Arbeitgeber der Stadt abspielt, stellt selbst den Stoff, der auf der Berlinale gezeigt wird, in den Schatten.

Die Abrechnung von Ferdinand Piëch mit Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn und seinen einstigen Kollegen im Aufsichtsrat ist ganz großes Kino. Der israelische Geheimdienst taucht darin auf, es geht um Lügen und Intrigen und um die Rache des Mannes, der Volkswagen einst groß gemacht hat und dann abserviert worden ist. Ein Hauch von James Bond, gewürzt mit dem „Paten“ – das ist die Wolfsburger Mischung.

Sagt Piëch die Wahrheit? Wussten VWs Topmanager lange, bevor sie an die Öffentlichkeit gegangen sind, von den Abgasmanipulationen? Haben Vorstände, Aufsichtsräte, Gewerkschafter, die Familien und Ferdinand Piëch selbst geschwiegen – wider besseres Wissen und in dem Vertrauen darauf, dass die schmutzigen Betrügereien nicht ans Licht kommen? Und was ist mit Stephan Weil, dem Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen? Auch den SPD-Politiker will Piëch beizeiten informiert haben.

Von Vertrauten zu Feinden: Ex-Konzernchef Martin Winterkorn (links) und der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piech.
Von Vertrauten zu Feinden: Ex-Konzernchef Martin Winterkorn (links) und der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piech.

© Marcus Brandt/dpa

Ob Piëch die Wahrheit sagt, das wissen nur er selbst und diejenigen, die er jetzt beschuldigt. Und doch hat die Schlammschlacht mehr als nur Unterhaltungswert. Hätte der einstige Aufsichtsratschef – trotz aller Dementis der Gegenseite – recht, dann bekäme der Diesel-Skandal eine neue, politische Dimension. Sollten Politik und Gewerkschaften als Kumpane und Mitwisser enttarnt werden, wäre das Modell VW tot.

Bisher steht VW nämlich erstaunlich gut da

Ganz zu schweigen von möglichen Nachforderungen von Aktionärs- und Kundenanwälten in den USA. Mit nicht abschätzbaren Folgen. Bisher steht VW nämlich erstaunlich gut da. Das vergangene Jahr dürfte der Konzern mit einem ordentlichen Milliardengewinn vor Steuern abgeschlossen haben, der Absatz ist prächtig, VW hat Toyota wieder als größten Autokonzern der Welt abgelöst, trotz der Betrugsaffäre. Nur die Kernmarke VW schwächelt in Deutschland – kein Wunder, verweigert der Konzern doch deutschen Dieselfahrern anders als den amerikanischen eine Entschädigung.

Auf der Anklagebank wird der Platz knapp

Hätte der Aufsichtsrat frühzeitig Bescheid gewusst, gehört er auf die Anklagebank, keine Frage. Dort würde der Platz allmählich eng. Denn die Staatsanwaltschaft ermittelt ja bereits gegen Winterkorn, VW-Markenvorstand Herbert Diess und den einstigen Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch. Pötsch leitet inzwischen den Aufsichtsrat. Ein Zeichen dafür, dass man bei VW bis heute die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Statt mit neuem Personal die alten Lasten aus dem Weg zu räumen, wuselt man sich durch – mit Billigung des Aufsichtsrats.

Obwohl der Skandal riesige Ausmaße angenommen hat, wollen die Vorstände auf ihre Boni nicht verzichten, anders als die Kollegen von der Deutschen Bank. Nur über eine Deckelung der Vorstandsgehälter wird nachgedacht. Der Konzernchef soll künftig maximal zehn Millionen Euro verdienen, für Nieten in Nadelstreifen ist auch das ein Haufen Geld. Egal, ob Piëch die Wahrheit sagt oder nicht.

Die Empörung hat ihr Gutes. Dass jetzt wieder über schärfere Gesetze gegen die Gier von Managern diskutiert wird, ist eine Konsequenz von Dieselgate. Volkswagen gut daran, endlich in der Führungsetage aufzuräumen. Auch ohne den Staatsanwalt.

Zur Startseite