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Warten auf Nummer sieben. „Generation Golf“ heißt ein Bestseller über ein Lebensgefühl. Jetzt kommt die nächste Generation.

© dpa

Volkswagen: Weltpremiere in Berlin

Am Dienstag wird der neue Golf vorgestellt. Leichter und sparsamer ist er. Kritik gibt es trotzdem schon.

Die Weltbühne ist am Dienstagabend die Berliner Nationalgalerie. Hier geht der Vorhang hoch vor der neuesten Fassung des neben dem Toyota Corolla/Auris erfolgreichsten Autos der Welt. VW bringt den Golf VII, mit dem Konzernchef Martin Winterkorn sein großes Ziel erreichen will: bis 2018 Toyota und General Motors überholen und größter Autohersteller der Welt werden.

Seit der Einführung 1974, als der Golf den Käfer als das Brot-und-Butter-Modell der Wolfsburger ablöste, wurden gut 29 Millionen Stück des Allerweltsautos verkauft. Der Kompaktwagen hat eine ganze Fahrzeugklasse geprägt, wird geschätzt wegen Funktionalität und Wertbeständigkeit und gilt als klassenlos. 1978 liefert VW 10 000 Golf an die DDR, gewissermaßen im Tauschgeschäft gegen Blechpressen der Marke „Erfurt“. Das erste Auto aus dem Westen, das Angela Merkel 1990 fuhr, war ein Golf.

Nun also die siebte Auflage. Ein paar Journalisten durften vor zwei Wochen in Wolfsburg den Neuling besichtigen. Allerdings war der in Folien verpackt, damit niemand die wirkliche Form vor der Weltpremiere in Berlin zu sehen bekommt. So bauen die Marketingstrategen Spannung auf. Und füttern doch die Fans mit ersten Details: Der Neue ist länger, breiter, leichter und sauberer als sein Vorgänger und wird ausgerüstet mit technischen Finessen, die es bislang nur bei den großen Brüdern Phaeton und Passat gibt. Von einem „völlig neu entwickelten Fahrzeug“ spricht der Konzern, aber das betrifft vor allem das zumeist unsichtbare Innenleben. Äußerlich darf sich das Auto nicht sehr von den bewährten Vorläufern unterscheiden. „Wir streben keine Revolution an, die Leute sollen den Wagen ja auch wiedererkennen“, sagt VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg.

Mit dem Golf VII beginnt ein neues Produktionszeitalter im VW-Konzern.

Ein bisschen revolutionär ist jedoch die Gewichtsreduzierung. VW stoppt einen Trend der vergangenen Jahrzehnte, als die Autos immer mehr Ausstattung bekamen, sicherer wurden, stärker und komfortabler, aber eben auch schwerer. Der Golf VII ist nun bis zu 100 Kilogramm leichter, vor allem bei der Karosserie wurde mit neuer Technik abgespeckt. Die Stahlbleche werden auf 1000 Grad erhitzt und dann umgeformt; das ermöglicht eine höhere Dichte und im Ergebnis eine dünnerer, leichtere Karosserie. Und da der Verbrauch eines Autos zu rund einem Viertel vom Gewicht abhängt, ist das für den Fahrer Geld wert. Der Benziner schluckt nach Konzernangaben knapp fünf Liter auf 100 Kilometer, der Diesel bleibt sogar unter vier. Der 1,6 TDI BlueMotion stößt damit noch 99 Gramm CO2 pro Kilometer aus, 20 Gramm weniger als das Vorläufermodell.

Das klingt gut – und enttäuscht doch Umweltorganisationen wie Greenpeace, aber auch den Duisburger Automarktexperten Ferdinand Dudenhöffer, der „Mut zu alternativen Antrieben“ vermisst. Hybrid, Elektromotor und ein Erdgasmodell gibt es im Golf VII erst im nächsten Jahr. „VW vergibt mit den traditionellen Motorisierungen die Chance, gesellschaftliche Werte und Nachhaltigkeit stärker mit dem Golf in Verbindung zu bringen“, sagt Dudenhöffer. Und das zwölf Jahre nachdem Toyota mit dem ersten Hybrid auf den deutschen Markt kam. Doch auch der klassische Verbrennungsmotor hat reichlich Sparpotenzial: Über alle Motorvarianten hinweg verbrauchen die neuen Modelle im Schnitt 14 Prozent weniger.

Mit dem Golf VII beginnt ein neues Produktionszeitalter im VW-Konzern. In den nächsten Jahren sollen sich rund 40 Modelle und jährlich 3,5 Millionen kompakte Autos der Marken VW, Audi, Seat und Skoda aus dem „modularen Querbaukasten“ mit gleichen Teilen bedienen. Dazu gehören Fahrzeugboden, Motor, Achsen und Getriebe. Die riesigen Stückzahlen könnten die Kosten um bis zu ein Fünftel reduzieren. In Wolfsburg und Zwickau hat die Produktion des neuen Golf begonnen, demnächst geht es im chinesischen Changchung los.

Beim Händler steht das Auto im November, zu einem Einstiegspreis von rund 17 000 Euro. Dafür gibt es dann auf dem Rücksitz 1,5 Zentimeter mehr Beinfreiheit, und im Schulterbereich haben die Mitfahrer 3,5 Zentimeter mehr Platz. Auch der Kofferraum ist größer, doch auffälliger sind Sicherheitsfeatures: von der automatischen Distanzregelung bis zur radargestützten Notbremsfunktion. Das alles wird dazu beitragen, dass der Golf VII ein paar Millionen Käufer in aller Welt findet. Und vielen Menschen die Existenz sichert: Inklusive Zulieferern hängen 50 000 Arbeitsplätze am Golf.

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