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Topverdiener. VW-Chef Martin Winterkorn hat im vergangenen Jahr fast 16 Millionen Euro bekommen – so viel wie kein anderer Dax-Vorstand. Sein Vertrag läuft Ende 2016 aus. Ob er weiter machen will, ließ Winterkorn am Donnerstag offen.

© Kay Nietfeld/dpa

Volkswagen zieht Bilanz: Das Jahr der Fragezeichen

Volkswagen hat 2014 mehr Autos verkauft und mehr verdient – doch die Rendite stimmt nicht und viele Märkte brechen ein. Ob die Wachstumspläne für 2015 aufgehen, ist ungewiss.

„Die Tanzfläche kocht, hier trifft sich die Scene//ich fühl’ mich gut, ich steh’ auf Berlin!“ – Die alte Ideal-Hymne ließ der Volkswagen-Konzern am Mittwochabend und Donnerstagfrüh nicht durch den Hangar 2 des Tempelhofer Flughafens erschallen. Aber die Wolfsburger stehen sehr auf Berlin: Schon zum zweiten Mal gastiert der Autokonzern in der Stadt, um Journalisten aus aller Welt seine Jahresbilanz zu präsentieren. In Berlin ist mehr Platz als in der Wolfsburger Autostadt. 2014 hielt es VW ganze zwei Wochen auf dem Tempelhofer Feld. Mit großem Aufwand wurde die Elektromobilität zelebriert. 2015 ist davon wenig zu sehen. „Power of Innovation“ lautet das diesjährige Motto. Man zeigt wieder, was man hat – vor allem PS.

Beim Blick auf das vergangene Geschäftsjahr und die Aussichten für das laufende klingt VW-Chef Martin Winterkorn am Donnerstag indes nicht mehr so rundweg kraftvoll. Zwar hat der nach Toyota zweitgrößte Autokonzern der Welt Umsatz und Auslieferungen 2014 gesteigert (siehe Grafik) und ein operatives Rekordergebnis von 12,7 Milliarden Euro erzielt. Unter dem Strich blieben 10,9 Milliarden Euro. Die Renditen sind aber bei fast allen zwölf Konzernmarken gesunken. Auch bei Porsche und Audi, den beiden Ertragsbringern, die zusammen auf 7,9 Milliarden Euro operativen Gewinn kamen – fast zwei Drittel des konzernweiten Ebits. Vor allem die Kernmarke VW, die nur auf eine operative Marge von 2,5 Prozent kommt, bereitet Winterkorn Sorgen. Sechs Prozent sollten es sein, deshalb wird bei VW gespart, gestrafft und gestrichen.

Modelle werden gestrichen, Sonderausstattungen im Paket verkauft

Einige Modelle wie der zweitürige Polo werden nicht mehr gebaut. Das allein bringt Winterkorn zufolge einen „dreistelligen Millionenbetrag“. Auch streicht VW Ausstattungsvarianten, wenn sie zu selten in die Autos eingebaut werden. Extras und Sonderausstattungen sollen häufiger in Paketen verkauft werden. Was wie Kosmetik klingt, entlastet den Konzern: Das im Juli gestartete Effizienzprogramm bei der Marke VW sei „sehr gut angelaufen“, sagt Winterkorn. „Wir rechnen damit, dass deutlich über eine Milliarde Euro davon bereits im laufenden Jahr ergebniswirksam werden.“

Dieses laufende Jahr könnte allerdings noch einige böse Überraschungen bringen. „Über dem Autojahr 2015 stehen große Fragezeichen“, betonte Winterkorn. Neben den Markteinbrüchen in Brasilien und Russland kosten neue Technologien zur CO2-Reduzierung und für vernetzte Autos viel Geld. Allein 2014 hat der Konzern 11,5 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben, so viel wie kein anderes Unternehmen. Von den weltweit fast 600 000 Mitarbeitern sind 46 000 Entwickler und 10 000 IT-Fachleute.

Trotz der erheblichen Unsicherheiten – zum Beispiel auch über die Entwicklung der Rohstoffpreise oder des Euro- Kurses – sollen Umsatz und operativer Gewinn die Rekorde aus dem vergangenen Jahr 2015 erneut übertreffen. Die alte PS-Rhetorik gelingt Winterkorn noch: „Der Volkswagen-Konzern erhöht die Schlagzahl.“ Den im Manuskript stehenden Satz „Wir setzen jetzt zum Überholmanöver an“ lässt er aus. Doch kein Zweifel: Die 2007 ausgerufene Strategie 2018 steht, Volkswagen will Toyota spätestens bis dahin überholt haben.

In China verkaufte der Konzern 3,7 Millionen Autos

Eine wichtige Rolle wird dabei das Wachstum in China spielen. Dort ist VW Marktführer, und zu Recht tröstet sich der Vorstand damit, die Zahlen der Kernmarke VW sähen besser aus, wenn die Ergebnisse des chinesischen Joint-Ventures im Konzerngewinn ausgewiesen würden. Stattdessen gehen sie nur in das Finanzergebnis ein, weil Volkswagen nur 40 Prozent am Gemeinschaftsunternehmen mit FAW hält. So verkaufte der VW-Konzern 2014 in China 3,7 Millionen Fahrzeuge – mehr als in Deutschland. Dabei wurden operativ 5,2 Milliarden Euro verdient.

Finanziell hat sich das Geschäftsjahr auch für viele VW-Beschäftigte gelohnt. Das Unternehmen zahlt 5900 Euro Prämie an seine rund 115 000 Haustarif-Mitarbeiter. Das große Geld räumen indes die Eigentümerfamilien sowie der Vorstand ab. So bleibt Martin Winterkorn beim Gehalt mit Abstand Spitzenreiter unter den 30 Dax-Firmen. Seine Gesamtvergütung stieg auf 15,9 Millionen Euro, rund 900 000 Euro mehr als im Vorjahr. Damit verdient er fast doppelt so viel wie Dieter Zetsche von Daimler (8,36 Millionen Euro). Auf eine üppige Ausschüttung können sich auch die Aktionäre freuen. Der Vorstand schlägt eine Erhöhung der Dividende um 20 Prozent auf 4,80 Euro je Stamm- und 4,86 Euro je Vorzugsaktie vor. Die Familien Porsche und Piëch hatten im vergangenen Jahr geschätzte 335 Millionen Euro Dividende kassiert.

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