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Wirtschaft: Vollbeschäftigung in Sicht

Die Arbeitslosenzahl sinkt und sinkt – bald sogar unter drei Millionen, erwartet die Bundesagentur

Berlin - Es war der beste März seit 1992. Zumindest für die Statistiker der Bundesagentur für Arbeit. Sie registrierten 3,21 Millionen Arbeitslose in Deutschland – so wenige wie zuletzt im März vor neunzehn Jahren. „Der wirtschaftliche Aufschwung lässt die Arbeitslosigkeit weiter zurückgehen“, sagte BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise am Donnerstag in Nürnberg. Die Zahl der Arbeitslosen im März sank im Vergleich zum Februar um 102 000 und im Vergleich zum Vorjahr um 350 000. Auch die Arbeitslosenquote fiel um 0,3 Punkte auf 7,6 Prozent. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 8,5 Prozent gelegen.

Zwar ist ein Rückgang der Arbeitslosenzahlen im Frühjahr nicht ungewöhnlich. Durch das wärmere Wetter ziehen die Aufträge in Branchen wie dem Bau wieder an. Dass die Zahlen aber positiver ausfielen als viele Experten erwartet hatten, ist dem seit Monaten anhaltenden Aufschwung zu verdanken. „Der Beschäftigungsabbau in der Industrie infolge der Krise ist nun gestoppt und im Dienstleistungsbereich werden weiter Stellen aufgebaut“, sagte Gerd Zika, Arbeitsmarktexperte am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) dem Tagesspiegel. Besonders die Arbeitslosengeld- I-Empfänger fänden seit längerem verstärkt zurück auf den Arbeitsmarkt. „Seit dem Tiefstand der Beschäftigung im Zug der Wirtschafts- und Finanzkrise sind bereits wieder über eine halbe Million Arbeitsplätze entstanden“, kommentierte auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Das zeigt sich auch an der steigenden Zahl offener Stellen. Im März lag sie bei 442 000 – 122 000 mehr als vor einem Jahr.

„Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und die Erwerbstätigkeit liegen weiter auf Wachstumskurs“, betonte Weise in Nürnberg. Die Zahl der Erwerbstätigen, zu denen auch Beamte, Selbstständige und Minijobber zählen, stieg im Februar auf 40,29 Millionen. Das waren fast 500 000 mehr als noch vor einem Jahr. Sozialabgabenpflichtig beschäftigt waren im Januar 27,86 Millionen Menschen, 608 000 mehr als ein Jahr zuvor.

Nach Meinung der Bundesagentur soll sich dieser Trend noch eine Weile so fortsetzen. „Im besten Fall kommen wir noch im ersten Halbjahr unter die drei Millionen“, sagte Weise. „Wir rechnen allerdings relativ sicher im Oktober oder November dieses Jahres damit.“

Der Jahresdurchschnitt soll ebenfalls historisch niedrig ausfallen: Die Experten der Bundesagentur rechnen mit 2,93 Millionen Erwerbslosen – das sind so wenig wie seit 1991 nicht mehr. Auch Volkswirte bei den Banken erwarten weiter sinkende Zahlen. „Insgesamt nähert sich der Arbeitsmarkt mit großen Schritten der Vollbeschäftigung“, sagte der Chefvolkswirt der Postbank, Marco Bargel. Unterstützend wirkt neben der guten Konjunktur aber auch die in Deutschland seit Jahren rückläufige Zahl von Arbeitskräften.

Die Krise in Japan, die etwa in der Auto- oder der Fotoindustrie für einen Mangel an Vorprodukten gesorgt hatte, zeigt bisher keine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem asiatischen Land seien eher gering, sagte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker. Bisher gebe es kaum konkrete Anträge auf Kurzarbeit von Firmen, die über Lieferengpässe aus Japan klagten. Unternehmen vor allem in Süddeutschland erkundigten sich aber nach den Bedingungen für Kurzarbeit.

Nicht alle jubelten über die Zahlen: Der Deutschen Gewerkschaftsbund und die Linke erinnerten an die weiter hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen. „Die angeblichen Vermittlungserfolge bei den Hartz-IV-Beziehern sind nicht nachhaltig, weil mindestens 50 Prozent nach kurzer Zeit erneut arbeitslos werden“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Notwendig sei eine berufliche Qualifizierungsoffensive. Die Arbeitsmarktexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, kritisierte, dass die Regierung 2010 die Gelder für Weiterbildungen und Qualifizierungen gerade der 900 000 Langzeitarbeitslosen gestrichen habe.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt nannte dagegen die von der Regierung geplante Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente „richtig und notwendig“. Zugleich mahnte aber auch er an, die Arbeitsmarktpolitik müsse sich vorrangig darauf konzentrieren, Langzeitarbeitslose wieder in Erwerbsarbeit zu integrieren. BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt räumte ein, dass die unverändert hohe Zahl arbeitsloser Hartz-IV-Betroffener auch auf die Kürzungen der Bundesregierung bei den Arbeitsmarktprogrammen zurückzuführen sei. mit rtr/dpa

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