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Wirtschaft: Volvo will schwedische Lkw-Ehe

STOCKHOLM (det).Volvo will über eine Fusion mit dem Nutzfahrzeughersteller Scania zum Weltmarktführer DaimlerChrysler aufschließen.

STOCKHOLM (det).Volvo will über eine Fusion mit dem Nutzfahrzeughersteller Scania zum Weltmarktführer DaimlerChrysler aufschließen.Dazu hat die Volvo AB am Freitag Anteile des Lastwagen- und Busherstellers Scania AB erworben.Wie Volvo-Vorstandschef Leif Johansson bestätigte, strebt sein Unternehmen ein komplettes Zusammengehen mit Scania an.Volvo/Scania würde so größter Lkw- und Bushersteller in Europa und zweitgrößter der Welt nach DaimlerCrysler.

Damit würden ausländische Interessenten an Scania leer ausgehen.Der Haupteigner von Scania, die Wallenberg-Holding Investor, widersetzt sich jedoch den Volvo-Plänen, während die Stockholmer Regierung die "schwedische Ehe" als ausgezeichnete Idee bezeichnet.Nach wochenlangen Spekulationen über eine Fusion Volvos mit Ford, Fiat oder VW oder den Verkauf des Pkw-Sektors an einen ausländischen Interessenten kam die Nachricht vom Einstieg bei Scania überraschend.Volvo kaufte Aktien des LKW-Herstellers, die 12,85 Prozent des Kapitals und 13,47 Prozent der Stimmrechte darstellen, für 5,2 Mrd.sKr.(1,1 Mrd.DM).Zum Motiv für den Einstieg erklärte Volvo, die Nutzfahrzeuge-Industrie sei einem enormen Konsolidierungsdruck ausgesetzt.Volvo als einer der führenden Hersteller der Welt wolle aktiv an Restrukturierungen teilnehmen, um seine Position zu stärken.Volvo und Scania haben ihren Lkw-Absatz 1998 erheblich steigern können.Volvo meldete am Freitag ein Plus um 21 Prozent auf gut 83 000 Lkw.Im Nutzfahrzeug-Sektor erzielt Volvo weit höhere Gewinne als im Pkw-Sektor; Scania sagen Analysten einen Gewinnanstieg um 23 Prozent voraus.Allerdings erwarten beide Unternehmen in diesem Jahr Absatzschwierigkeiten.

Volvo-Chef Johansson verspricht sich erhebliche Synergien durch das Zusammengehen sowohl in Entwicklung, Produktion und Vermarktung.Die Kooperation der beiden "Schweden" würde nicht unter den "Kulturkonflikten" leiden, die es mit einem ausländischen Partner geben könnte.Trotz der Anpreisung der Ehe legt der Freier Volvo "derzeit" noch kein Angebot auf sämtliche Scania-Aktien vor.Volvo hatte seine 13 Prozent von institutionellen schwedischen Eignern erworben.Bislang unüberwindbaren Widerstand gegen die Scania-Übernahme übt jedoch die Haupteignerin, die Wallenberg-Holding Investor, die 45,5 Prozent der Lkw-Firma hält.Investor hat den von Volvo eingeleiteten "Dialog", der offenbar als Versuch eines "feindlichen Take-over" betrachtet wurde, abgebrochen.

In einer scharfen Mitteilung bedauerte Investor-Chef Claes Dahlbäck das "unglückliche Vorgehen" Volvos.Unter anderem habe es Uneinigkeit über die Bewertung Scanias gegeben, dessen Aktienkurs nach Ansicht von Investor nicht den wahren Wert widerspiegele.Scania sei ein starkes Unternehmen, das durchaus selbständig existieren könne.An und für sich spreche einiges für ein Zusammengehen mit Volvo, Investor habe aber auch andere Angebote.Unter anderem VW ist an einer Expansion im Lkw-Bereich interessiert und hatte den Blick auf die Schweden gerichtet.Dahlbäck teilte mit, Investor wolle auf der Suche nach der besten Lösung für Scania mit allen Interessenten verhandeln.

Damit kündigt sich erneut ein Machtkampf zwischen der in Schweden dominierenden Finanzgruppe Wallenberg und dem größten Industriekonzern des Landes an.Die Wallenberg-Gruppe übernahm 1991 den Saab-Konzern, der in das Flugzeugunternehmen Saab AB, den Lkw-Hersteller Scania und die Saab-Pkw-Gesellschaft aufgeteilt wurde; in letztere stieg General Motors zu 50 Prozent ein.GM und Investor haben hohe Milliarden-Beträge in die Pkw-Firma stecken müssen.Das gesamte Saab-Scania-Engagement hat sich bislang kaum für die Wallenbergs ausgezahlt, deshalb auch der Streit mit Volvo über die Scania-Bewertung.

Die Braut ziert sich noch

von Alfons Frese

Mit geplatzten Fusionen haben die Schweden Erfahrung.Volvo-Chef Pehr Gyllenhammer hatte Anfang der 90er Jahre den Zusammenschluß mit Renault schon in trockenen Tüchern.So dachte er.In letzter Minute bremsten die Volvo-Aktionäre den Unternehmensführer aus.Gyllenhammer mußte zurücktreten.Der jetzige Volvo-Lenker Leif Johansson fährt einen nicht minder riskanten Kurs.Gegen den Scania-Mehrheitseigner ein Übernahmemanöver zu beginnen, ist wagemutig.Die Wallenberg-Gruppe, die 45,5 Prozent an dem Lkw-Hersteller besitzt und damit das Sagen hat, reagierte säuerlich auf Volvos Investment und spricht gar von einer feindlichen Übernahme.Womöglich torpediert der Vorstoß von Volvo die eigenen Verkaufsbemühungen der Wallenbergs - VW beispielsweise ist sei Jahren an Scania interessiert, um mit den schwedischen Brummis die eigene Nutzfahrzeugsparte im schweren Bereich abzurunden.Womöglich kommt ja auch noch ein höheres Angebot - etwa so wie beim Poker um Rolls-Royce, als VW mit viel Geld BMW ausstach.Allerdings ist der Preis, den Volvo jetzt für die 12,9 Prozent Scania-Anteile zahlt, durchaus fair; eine Aktie wird mit 202 Kronen bewertet, knapp 15 Prozent über dem letzten Scania-Kurs.Doch wenn Volvo die Wallenbergs von einer schwedischen Lösung überzeugen will, müssen wohl noch ein paar Kronen draufgelegt werden.Und dann wird die Übernahme richtig teuer.Aber deshalb sucht Volvo ja einen Käufer für die Pkw-Sparte: Mit dem Verkauf der Autos wird dann die Akquisition der Lastwagen finanziert.Und Volvo-Lenker Johansson könnte Gas geben zur Attacke auf den Weltmarktführer DaimlerChrysler.

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