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Wirtschaft: Vom Smart zum Mercedes

Der jetzige Smart-Chef Andreas Renschler ist Favorit für den Posten an der Spitze der Mercedes Car Group

Berlin (alf). Zum engeren Kandidatenkreis gehört Andreas Renschler schon seit knapp fünf Jahren. Damals, als der Bankkaufmann und Wirtschaftsingenieur SmartChef wurde, handelten ihn manche bereits als künftigen Nachfolger von Jürgen Hubbert an der Mercedes-Spitze. Nach den Turbulenzen der vergangenen zehn Tage ist diese Option nun viel realistischer. Renschler hat bei Smart gute Arbeit gemacht, der Daimler-Chrysler-Vorstandsvorsitzende Jürgen Schrempp vertraut ihm, und eine Alternative zu ihm ist auch nicht in Sicht. Doch im Unternehmen bleibt man in Deckung. Die Entscheidung über den Posten an der Spitze einer der bekanntesten Marken der Welt sei offen, beteuert ein Sprecher. Und im Betriebsrat, der bei der Bestellung des neuen Mannes durch den Aufsichtsrat mitstimmt, verweist man auf die Laufzeit von Hubberts Vertrag. Da Hubbert bis April 2005 Mercedes lenkt, haben Schrempp und die Aufsichtsräte noch Zeit. Doch an Renschler kommen sie kaum vorbei.

Eigentlich hatte Schrempp was anderes vor mit dem 46-jährigen Schwaben. Vor gut zwei Monaten schickte der Boss den tüchtigen Renschler nach Tokio, um Mitsubishi zu durchleuchten, einen Sanierungsplan aufzustellen und dabei vor allem den Finanzierungsbedarf zu ermitteln. Wenn dann alles so gelaufen wäre, wie sich Schrempp das vorgestellt hatte, dann wäre Renschler wohl der nächste Mitsubishi-Chef geworden. Doch das wird nun ein Japaner, nachdem sich Schrempp der Mehrheitsmeinung in Vorstand und Aufsichtsrat beugte und die Finanzhilfen für Mitsubishi einstellte.

Doch den Weg frei Richtung Mercedes machte für Renschler nicht der Fall Mitsubishi, sondern Wolfgang Bernhard. Der 43-Jährige sollte am 1. Mai Chef der Mercedes Car Group mit den Marken Smart, Maybach und natürlich Mercedes werden. Zwei Tage vorher revidierte der Aufsichtsrat diese Entscheidung. Der forsche Bernhard hatte sich in den letzten Wochen nicht nur mit Hubbert und anderen Führungskräften, sondern auch mit den Mercedes-Betriebsräten angelegt und wollte, wie berichtet, Mercedes-Produktionslinien ins Ausland verlagern. Das war zu viel für das Stuttgarter Daimler-Chrysler-Establishment, und Schrempp musste Bernhard fallen lassen. Besser konnte es für Renschler nicht laufen.

Ende der achtziger Jahre gehörte Renschler zum Stab des damaligen Mercedes-Chefs Werner Niefer. Wenige Jahre später bewährte sich der Bauernsohn aus Ditzingen im Süden der USA beim Aufbau und später in der Leitung des ersten Mercedes-Werks in Nordamerika. Das klappte ziemlich gut, die M-Klasse aus Alabama wurde ein Erfolg. Und auch als Smart-Chef machte Renschler vieles richtig. Trotz großer Widerstände hielt die Konzernspitze an dem Kleinwagen fest und ergänzte ihn inzwischen sogar um einen Roadster und den Smart forfour. Mit dem neuen Viersitzer könnte der Absatz in diesem Jahr auf 180000 Autos steigen, und die Gewinnschwelle ist endlich auch in Sicht. Wenn alles gut geht, wirft der Smart ab 2006 Gewinn ab. Dann wird Renschler zwar vermutlich nicht mehr als Smart-Mann die guten Zahlen verantworten. Aber als Mercedes-Chef kann er sich über die immer hübscher werdende Tochter freuen.

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