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Wirtschaft: Von Papierpianos und Alpenpässen

Was man mit Google alles machen kann: Mehr als 2000 Entwickler besuchen den Developer Day in Berlin

Berlin - „Man muss ein bisschen langsamer spielen“, sagt Mario Böhmer entschuldigend. Gerade hat ein Hobbypianist auf Böhmers Papierpiano etwas zu schwungvoll die aufgemalten Tasten bedient. Die Tastatur aus Papier ist über viele Drähte mit einem Steuerungsgerät und mit einem Smartphone verbunden. Alles zusammen klingt fast wie ein richtiges Piano. Nur, dass man eben etwas langsamer spielen muss.

Der 27-jährige Böhmer ist einer von rund 2100 Softwareentwicklern, die am Sonnabend ins Berliner ICC zum Google Developer Day gekommen sind. Es sind vor allem junge Männer, die an diesem grauen Novembermorgen schon vor neun Uhr vor dem Kongresszentrum Schlange stehen. Sie sind aus ganz Deutschland angereist, einige auch aus Finnland, Rumänien, Spanien, Griechenland oder England. Die Kongresssprache ist Englisch, alle reden sich mit Vornamen an. Die Veranstaltung in Berlin ist Googles größtes Entwicklertreffen in Europa. „Es ist die Gelegenheit für Leute, die Google-Technologie für ihre Produkte nutzen, sich mit den Entwicklern von Google auszutauschen“, sagt Wieland Holfelder. Er leitet Googles deutsches Entwicklungsbüro in München.

In den Eröffnungsvorträgen stellen die Googler, wie sie sich selber nennen, die neuesten Softwareentwicklungen für Smartphones (Android), soziale Netzwerke (Google+), Lösungen für Rechnerleistung aus dem Netz (Cloud) oder das Surfen im Internet (Chrome) vor. „Das deutsche Publikum ist technisch ziemlich anspruchsvoll“, sagt James Whittaker, einer von Googles Chefentwicklern in den USA. „Sie wollen keine Marketing-Versprechungen hören.“ Historisch ist das Publikum dagegen weniger anspruchsvoll: Dass Whittaker den Fall der Berliner Mauer in seinem Vortrag auf das Jahr 1990 datiert, überhören sie höflich.

Auch die Humboldt-Uni und die TU Berlin sind auf dem Entwicklertag vertreten. „Wir wollen zeigen, was an den beiden Unis entwickelt wird und gleichzeitig eine Rückkopplung aus der Industrie bekommen“, sagt Johann-Christoph Freytag, Professor von der Humboldt-Universität. „Auch für uns ist der Kontakt zu den Studenten wichtig“, sagt Holfelder. Sein Büro in München hat sich von einem Dutzend Leuten im Jahr 2008 auf inzwischen 140 Leute vergrößert. „In dem Tempo soll es weitergehen.“

In vielen Workshops tauschen die Googler an diesem Tag mit den Entwicklern ihre Ideen aus. Daneben können Böhmer und andere Gewinner aus verschiedenen Wettbewerben in einer kleinen Ausstellung ihre Entwicklungen auch zeigen. Das Papierpiano ist nur eine mögliche Anwendung. Google hat im Sinn, die gesamte Technik in einem Haus künftig über Smartphones zu steuern. Dazu brauchen sämtliche Geräte eine Schnittstelle. Auch am Einsatz von Smartphones in der Telemedizin wird gearbeitet.

Dennis Wegewijs aus Amsterdam nutzt Google für sein Hobby. Auf der Seite www.cyclingthealps.com kann man Alpenpässe virtuell mit dem Fahrrad befahren. Jetzt fehle nur noch die Verbindung zum Heimtrainer, meint Holfelder, der die unterschiedlichen Neigungswinkel nachempfinde. Vielleicht gibt es das auf dem nächsten Developer Day zu sehen.

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