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Wirtschaft: Von Zimt bis Chili

Holger in’t Veld hat mehr als 600 Schokoladenprodukte im Angebot – er selbst liebt sie pur

Es duftet schon lecker nach Schokolade, aber der Kakao ist noch nicht fertig. Es ist zwölf Uhr, und das Café Kakao in Berlin-Prenzlauer Berg hat gerade erst geöffnet. Der Chef Holger in’t Veld sieht persönlich nach. „Die Schokolade schmilzt noch“, entschuldigt er. Im Café Kakao wird nicht irgendein Trockenpulverkakao angerührt, sondern dunkle Edelschokolade in Milch geschmolzen. Das dauert seine Zeit.

Die Tasse krönt eine Milchschaumhaube, so dass es auch ein Cappuccino sein könnte – wäre da nicht der süße Geruch. Beim ersten Schluck schmeckt es erst schokoladig, ein wenig herb und leicht salzig, zuletzt kommt eine Spur Zimt und etwas Scharfes wie Chili durch. „Das ist Schokolade pur, aber eben richtig gute“, versichert in’t Veld. Schon seit einer ganzen Weile probiert er sich durch alle Sorten von Schokolade hindurch. Erst ging es nur um Genuss: Egal, wo er hinkam, machte sich in’t Veld auf die Suche nach kleinen Confiserien und ungewöhnlichen Schokoladen. Dann wurde aus der Lust mehr: Nach 15 Jahren hatte der 38-Jährige genug vom Musikjournalismus und eröffnete im Dezember 2002 einen kleinen Laden in der Dunckerstraße.

Ein Leuchtschild mit einem altmodischen Ozeandampfer als Logo zeigt den Weg. „Im ersten Jahr dachten viele, dass wir eine Reiseagentur oder ein Bastelladen sind“, sagt in’t Veld.

Das Schiff als Erkennungszeichen wählte er nicht nur wegen seiner eigenen Vergangenheit aus – der niederländische Vater und der Großvater waren Schiffskapitäne. „Es ist auch ein Symbol für die Langsamkeit. Der Kakaobaum wächst langsam, der Kakao hat einen langen Weg bis zu uns, und das Rösten und Verarbeiten dauert seine Zeit.“

Längst haben sich Laden und Café zum Geheimtipp entwickelt. „Inzwischen kommen die Leute extra aus anderen Stadtteilen, und auch Touristen schauen vorbei“, sagt Katja Geulen, die einmal in der Woche hinter der Ladentheke steht. Letztens hätten Schweizer im Laden gestanden, die in einem Magazin von in’t Veld gelesen hatten. Sie wollten prüfen, ob die beste Schokolade tatsächlich nicht in der Schweiz, sondern in Berlin im In’t Veld zu finden sei.

Die Auswahl ist in jedem Fall groß. In das selbst gebaute Regal mit 88 Fächern passen schon längst nicht mehr alle Schokoladen. Die Tafeln sind von Hell nach Dunkel sortiert – ganz rechts liegen die Sorten mit 100 Prozent Kakaoanteil. Rund 600 Produkte habe er im Programm, schätzt in’t Veld, davon etwa 150 Tafelschokoladen.

Er selbst ist ein Bitterschokoladenfan geworden. Den Ausdruck Bitterschokolade hört in’t Veld allerdings nicht gern. „Das klingt so abschreckend und eindimensional. Gute Schokolade ist nicht bitter, das ist eine Explosion von Geschmacksnoten: würzig oder fruchtig, herb, scharf – wie bei einem guten Wein!“ Neben den edlen dunklen Schokoladen sind auch ungewöhnlich gefüllte Sorten beliebt wie die vielen Variationen der Tiroler Marke Zotter. Vor dem Regal mit den schmalen Tafeln im hinteren Teil des Ladens drängen sich mehrere Kunden. Frank Wunderlich hat einen ganzen Stapel gekauft – für 28 Euro: „Die sind für meine Freunde zu Weihnachten. Ich finde die Sorten witzig: Schwarzbier mit Wildreis, Apfelessig, Ananas und Paprika.“

In’t Veld bevorzugt Schokolade pur. Besonders die Kakaobohne Criollo hat es ihm angetan. Deshalb musste auch die neueste Sorte der Hausmarke Criollo enthalten. Die dünnen Tafeln mit 80 Prozent Kakaoanteil sind mit dem Schiffslogo geprägt und in altmodischen Pappschachteln zu 75 Gramm verpackt. Die Fertigung übernimmt der Genueser Edelschokoladenhersteller Domori. Die Rezepturen für die insgesamt fünf In’t-Veld-Sorten hat der Chef selbst zusammengestellt. „Wenn er könnte, würde er auch selber Kakaobohnen anbauen“, scherzt eine Mitarbeiterin.

Seit Anfang November gibt es einen zweiten In’t-Veld-Laden am Winterfeldtplatz in Schöneberg. Und in’t Veld hat sich eine Temperiermaschine angeschafft, mit der er selbst Schokolade schmelzen kann. Dann duftet es bald noch verführerischer nach Schokolade.

Susanne Herrmann

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