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Wirtschaft: Vorstände auf Schleudersitzen

Von Henrik Mortsiefer Geht es nach dem Willen der US-Regierung, sollen einige Vorstandssessel künftig zu Schleudersitzen werden. Präsident George W.

Von Henrik Mortsiefer

Geht es nach dem Willen der US-Regierung, sollen einige Vorstandssessel künftig zu Schleudersitzen werden. Präsident George W. Bush will bei Bilanztricksern keine Gnade zeigen: Wer fälscht, fliegt raus – und haftet mit seinem Privatvermögen. Ein Paradies für Anlegerschützer. Sie feiern, dass auch 22 deutsche Unternehmen, die an der US-Börse notiert sind, demnächst wohl unter die drakonischen Bestimmungen der Börsenaufsicht SEC fallen werden. Tatsächlich könnte es ungemütlich werden für Siemens, Daimler-Chrysler und Co., wenn die US-Gesetze auch für Ausländer gelten. Die SEC könnte Einblick in die Wirtschaftsprüfungsberichte verlangen oder die Zusammensetzung der Aufsichtsräte mitbestimmen. Der BDI läuft dagegen Sturm, weil er eine Kollision amerikanischer und deutscher Gesetze fürchtet, die gravierende Nachteile für die betroffenen Konzerne haben könnte.

Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Dass die US-Regierung nach dem Börsencrash in Sachen Anlegerschutz etwas unternimmt, ist gut. Ein bisschen weniger Aktionismus wäre freilich besser. Bush hat nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Gunst der Wähler fest im Blick. Über die Qualität der neuen Gesetze sagt der Eifer, mit dem sie verabschiedet wurden, deshalb wenig aus. So ist etwa umstritten, ob die Androhung von 20 Jahren Gefängnis Bilanzlügner zu ehrbaren Kaufleuten macht. Denn bestraft werden können die Trickser nur, wenn die Justiz vorher in die Lage versetzt wurde, ihre Manipulationen auch aufzudecken. Und das ist selten der Fall.

Da scheint es vermessen, gleich die ganze Weltwirtschaft an amerikanischen Gesetzen genesen zu lassen, wie es der US-Regierung wohl vorschwebt. Mehr Wettbewerb zwischen den Rechts- und Wirtschaftssystemen wäre wünschenswert. Denn auch die EU wird den Schutz von Anlegern verbessern, neue Corporate-Governance-Regeln einführen und den europäischen Bilanzstandard IAS bis 2005 verbindlich vorschreiben. Ob am Ende in den USA oder Europa die Schleudersitze in den Vorstandsetagen besser funktionieren, ist noch nicht entschieden.

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