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Wirtschaft: Vorstandsvorsitzender Milberg über die nächsten Schritte des bayerischen Automobilkonzerns (Interview)

Joachim Milberg (55) ist Vorstandsvorsitzender bei BMW. Am 5.

Joachim Milberg (55) ist Vorstandsvorsitzender bei BMW. Am 5. Februar wurde er Chef des Münchner Autokonzerns. Nach einer dramatischen Sitzung des Aufsichtsrats musste Bernd Pischetsrieder den Chefsessel räumen. Der Grund: Die 1994 erworbene englische Tochtergesellschaft Rover hatte 1998 einen Verlust von knapp 1,9 Milliarden Mark gemacht. Milberg, lange Jahre BMW-Produktionsvorstand, rückte überraschend an die Spitze des Konzerns, nachdem die Aufseher sich nicht auf Technik-Chef Wolfgang Reitzle einigen konnten. Er will Rover mit Milliardeninvestitionen wieder flott machen. Bevor Milberg zu BMW kam, war er Professor an der TU München. Er gilt als ruhig, sachlich und fachlich kompetent. Mit Milberg sprach Jobst-Hinrich Wiskow.

Herr Milberg, seit dem Zusammenschluss von Daimler-Benz und Chrysler ist die Fusionswelle in der Autoindustrie vorerst abgeflacht. Wann erwarten Sie den nächsten Zusammenschluss?

Das ist für die BMW Group kein Thema. BMW ist in den vergangenen Jahren weltweit sehr ordentlich gewachsen, auch durch die Übernahme von Rover.

Ist BMW groß genug?

Die BMW Group stellt 1,2 Millionen Fahrzeuge im Jahr her, damit sind wir, gemessen an den Stückzahlen, auf Rang 13. Doch vom Umsatz her liegen wir schon auf Rang acht, in Europa sind wir sogar die Nummer drei. Auch die Palette ist breit gefächert - vom Mini über MG und Rover bis zum Siebener-BMW und Range Rover.

In allen Branchen gibt es einen Trend hin zu größeren Einheiten - auch bei BMW?

Wir befinden uns längst jenseits der kritischen Masse. Überdies ist Größe allein nicht entscheidend. Unsere Firmenpolitik ist, in den richtigen Marktsegmenten stark zu sein.

Wo wird BMW in fünf Jahren stehen?

Die BMW Group wird in den kommenden Jahren mit mehreren starken Marken überproportional wachsen. Weil wir rentabel wachsen, werden wir unsere Profitabilität weiter verbessern. Wir planen, bis zum Jahr 2005 etwa 30 Milliarden Mark zu investieren - etwa sieben bis acht Prozent unseres Umsatzes, davon die Hälfte in Deutschland und etwa 30 Prozent in England. Wir werden all diese Investitionen aus unseren laufenden Einnahmen, dem Cash-flow, finanzieren.

Jetzt haben Sie sich aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit Rolls Royce im brandenburgischen Dahlewitz zurückgezogen. Warum?

Unsere operative Kernkompetenz sind Autos, das steht außer Frage. Wir haben nun unsere Beteiligungsstrukturen im Flugzeugtriebwerksbau verändert. Aus einer strategischen Beteiligung am Joint Venture mit Rolls Royce machen wir eine zehnprozentige Beteiligung direkt an Rolls Royce.

Ist dieser Schritt das Eingeständnis, dass Dahlewitz nicht richtig funktioniert?

Keineswegs. Dahlewitz ist sehr erfolgreich. Es ist ein Kompetenzzentrum für kleinere Triebwerke, für große Geschäftsflugzeuge und Regionaljets mit 80 bis 100 Sitzen. Das Auftragsvolumen liegt bei vier Milliarden Mark, die Auslastung ist für drei Jahre gesichert. Aber es kommt darauf an, die verschiedenen Segmente des Flugzeugmotorenbaus zu vereinigen. Das geschieht jetzt, indem BMW Rolls Royce und Rolls Royce zusammenwachsen.

Aber Ihr Gemeinschaftsunternehmen hat rote Zahlen geschrieben.

Dies waren Vorleistungen. In dieser Branche braucht man langen Atem.

Warum ziehen Sie sich denn aus dem Unternehmen nicht ganz zurück und verkaufen alle Rolls-Royce-Anteile?

Wir sind der größte industrielle Anteilseigner an Rolls Royce. Durch die Entflechtung unserer gemeinsamen Beteiligung erhöht sich unser Anteil auf gut zehn Prozent.

Planen Sie denn, mehr zu erwerben? Zehn Prozent klingt nicht nach viel.

Allein unsere zusätzliche Beteiligung ist eine Milliarde Mark wert. So wenig ist das nicht.

Haben Sie denn mehr vor mit dem Namen Rolls Royce?

Den Namen Rolls Royce besitzen wir jetzt schon zur Nutzung von Automobilen. Aber wir haben ihn bis 2003 an VW abgegeben. Ab 2003 werden wir ihn benutzen.

Wieso haben die deutschen Autohersteller ein Shareholder-Value-Problem?

Ob und warum andere deutsche Automobilfirmen ein Shareholder-Value-Problem haben, weiß ich nicht. Jedenfalls hat sich unser Kurs in diesem Jahr deutlich positiver entwickelt als der Dax.

Aber die Renner im Dax kommen aus anderen Branchen. Mannesmann, Siemens, Deutsche Telekom, Deutsche Bank haben die Nase vorn.

Einzelne Werte mögen sich unterschiedlich entwickeln - wir sind besser als der Deutsche Aktien-Index.

Reicht Ihnen das?

Ja. Wir sind besser als der Schnitt. Wenn Sie den Branchenvergleich nehmen, sind wir sogar die besten.

Wie glücklich sind Sie mit dem Standort Deutschland?

Unsere Innovationen sind am Weltmarkt hoch akzeptiert. Das ist das Entscheidende für uns als deutscher Autokonzern. Dazu kommt: Wir haben deutlich an Flexibilität gewonnen. Wir können inzwischen sehr schnell auf Marktänderungen reagieren. Nehmen Sie unserer Werk in Regensburg. Dort haben wir mit einem einzigartigen Arbeitszeitmodell einen hohen Grad an Flexibilität erreicht.

Also haben wir kein Standort-Problem?

Wir brauchen mehr Wachstum in Deutschland. Die Politik muss die Unternehmen entlasten, Steuern und Abgaben senken. Das schafft Freiräume für Investitionen. Dabei geht es auch um Investitionen aus dem Ausland. Wir haben schon Verbesserungen erreicht, aber wir brauchen mehr.

Kürzlich fand sich DaimlerChrysler in den Schlagzeilen wieder. Angeblich will der Konzern seinen Firmensitz in die USA verlegen. Ist ein Umzug ein Thema für BMW?

Bei aller Betonung von Internationalität: Wir wissen, wo wir zuhause sind. So investieren wir in Deutschland 50 Prozent, setzen hierzulande aber nur 20 Prozent unserer Produkte ab.

Die Expo 2000 gilt manchem als nationales Großereignis. Wieso war BMW eigentlich so zurückhaltend?

Wir haben uns für ein dezentrales Projekt eingesetzt, in dem wir erstmals Wasserstoffautos einsetzen, und für einen Auftritt in Hannover. Ich finde das angemessen.

Herr Milberg[seit dem Zusammenschluss von Daimler]

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