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VW-Gesetz: Machtkampf um VW vor EU-Gericht

Der Streit um VW beschäftigt nun auch das höchste EU-Gericht: Vertreter von Bundesregierung und EU-Kommission lieferten sich dort einen harten Schlagabtausch über die Rolle des neuen Hauptaktionärs Porsche.

Luxemburg - In der Verhandlung um das umstrittene VW-Gesetz sah sich die EU-Kommission als Klägerin von Porsche eindeutig unterstützt. Wie die Kommission will der Stuttgarter Sportwagenbauer den gesetzlich verankerten Sonderschutz für VW kippen. Die Bundesregierung hingegen argumentierte, Porsche nehme jetzt schon auf die Geschicke von Volkswagen Einfluss. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu dem 46 Jahre alten Gesetz wird frühestens von Mitte 2007 an erwartet. (Az.:C-112/05)

Porsche-Vorstandsvorsitzender Wendelin Wiedeking beschwerte sich schriftlich bei der Bundesregierung und EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy über das Gesetz zur Verhinderung feindlicher Übernahmen in Wolfsburg. Wie der Bevollmächtigte der EU-Kommission, Gerald Braun, sagte, fühle sich Porsche demnach vom dem VW-Gesetz benachteiligt und in seinen Rechten verletzt.

Betriebsrat warnt vor Zerschlagung

Porsche ist mit 27,4 Prozent der Anteile inzwischen größter Aktionär von VW und sieht sich durch das Gesetz eingeengt. Es sieht vor, dass kein Aktionär in Wolfsburg über mehr als 20 Prozent der Stimmrechte bei der Hauptversammlung verfügt, auch wenn er mehr Aktien besitzt. Der VW-Betriebsrat warnte vor einer Zerschlagung des Konzerns bei einem Fall des VW-Gesetzes. Dies könnte am Ende "Heuschrecken" die Tür öffnen, die Volkswagen filetieren könnten, sagte der Geschäftsführer des VW-Gesamt- und Konzernbetriebsrats, Michael Riffel.

Der Anwalt der Bundesregierung, Holger Wissel, sagte vor Gericht, die Kommission habe früher behauptet, neben dem Land Niedersachsen mache ein weiteres großes Engagement eines Investors bei VW keinen Sinn. "Man kann Porsche alles unterstellen, aber nicht, dass es wirtschaftlich unsinnig handelt." Man müsse nicht die Mehrheit an Unternehmen halten, um Einfluss zu nehmen. "Porsche sorgte dafür, dass der Vorstandsvorsitzende von VW vorzeitig ging", sagte Wissel in Anspielung auf die Entmachtung von Bernd Pischetsrieder.

Keine Sonderaktie des Staates

Die Kommission beharrte auf ihrer gut zwei Jahre alten Klage, wonach das VW-Gesetz die Kapitalverkehrsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit in der EU behindert. Die EU-Behörde sieht sich auf ihrem Kurs durch ein Urteil des EuGH vom September zu so genannten Goldenen Aktien bestätigt. Mit diesen Aktien sichern sich meist staatliche Anteilseigner Einfluss bei früheren Staatsunternehmen. Braun, der im juristischen Dienst der Kommission arbeitet, sagte, das VW-Gesetz sehe keine Sonderaktie des Staates vor, doch die Beschränkungen von Investoren seien mit denen der "Golden Shares" vergleichbar. "Neue Investoren sind nicht an der Aufrechterhaltung des Status Quo interessiert."

Wissel ließ den Vergleich mit den Goldenen Aktien nicht gelten. "Alle Aktionäre (bei VW) werden gleichbehandelt." Das Land Niedersachsen habe seit 1960 rund 34 Millionen Aktien dazugekauft, um seinen Anteil von jetzt 20,8 Prozent zu halten. Auch die Regelung, wonach für Grundlagenbeschlüsse auf der Aktionärsversammlung mehr als 80 Prozent der Stimmen nötig sind, verstoße nicht gegen EU-Recht. Mit dieser Regelung hat Niedersachsen de facto eine Sperrminorität.

Gutachten am 13. Februar

Der Generalanwalt des Gerichts, Damazo Ruiz-Jarabo Colomer, kündigte an, er wolle sein Gutachten am 13. Februar kommenden Jahres vorlegen. Das Gericht ist zwar nicht an seine Stellungnahme gebunden, folgt dieser aber häufig. Das Urteil wird nach Auskunft von Verfahrensbeteiligten einige Monate nach dem Gutachten erwartet.

Der EuGH misst dem Fall eine herausragende Bedeutung zu. Es wird die Große Kammer unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Vassilios Skouris urteilen. Der fließend deutsch sprechende Skouris zeigte sich bei der Verhandlung gereizt, als eine Nachfrage des Generalanwalts von einem Zuhörer beantwortet wurde. "Das geht nicht, dass eine Antwort aus dem Publikum kommt." Die Vertretung der Bundesregierung war nicht in der Lage, dem Gericht auf Nachfrage die genaue Höhe der Beteiligungen von Niedersachsen und Porsche zu nennen. "Wieviel Porsche genau hat, entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung", sagte Anwalt Wissel. (Von Christian Böhmer, dpa)

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