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Wirtschaft: VW kommt bei MAN voran

Pflichtangebot an die Aktionäre des Lkw-Herstellers macht Weg für die Allianz mit Scania frei

Berlin - Ferdinand Piëch macht Druck: Der Aufsichtsratschef von Volkswagen will Europas größten Autohersteller mit aller Macht auch zu einem globalen Spieler im Nutzfahrzeuggeschäft machen. Der geplanten Allianz der Lastwagenkonzerne MAN und Scania, an denen VW bereits beteiligt ist, ist Piëch am Dienstag einen Schritt näher gekommen: Mit einem vom Aktienrecht vorgeschriebenen Pflichtangebot an die MAN-Aktionäre zum Kauf ihrer Aktien kann sich der Autohersteller nun Schritt für Schritt die Kontrolle über MAN sichern.

Volkswagen will den MAN-Aktionären 95 Euro je Stamm- und 59,90 Euro je Vorzugsaktie zahlen. Weil die MAN-Aktie an der Börse aber für mehr als 96 Euro gehandelt wird, ist das Angebot für die meisten Aktionäre uninteressant. VW geht es um etwas anderes: Gezahlt werden soll nur der gesetzliche Mindestpreis, um später mit 35 bis 40 Prozent die kartellrechtliche Genehmigung für die Kontrolle von MAN zu erlangen. Damit würden sich die Wolfsburger die Mehrheit auf MAN- Hauptversammlungen sichern. Nach Ablauf der Annahmefrist für das Pflichtangebot am 29. Juni kann der Konzern mit Marken wie VW, Audi, Skoda und Seat über die Börse jederzeit weitere Anteile hinzukaufen, um seine Beteiligung an MAN zu erhöhen. Eine erneute Genehmigung der Finanzaufsicht ist nicht nötig.

In einem ersten Schritt hatte VW seinen Anteil über die Schwelle von 30 Prozent angehoben und Anfang Mai angekündigt, künftig bis zu 40 Prozent an MAN halten zu wollen. Branchenbeobachter schließen aber nicht aus, dass es mehr als 50 Prozent werden. Dann würde MAN neben Scania (VW-Stimmrechte: knapp 71 Prozent) in die Volkswagen-Bilanz aufgenommen. NordLB-Analyst Frank Schwope geht „grundsätzlich davon aus, dass der Volkswagen-Konzern eine Komplettübernahme des MAN-Konzerns in den nächsten Jahren anstrebt, zumal er über eine Netto-Liquidität von fast 20 Milliarden Euro verfügt“. Eine Komplettübernahme könne VW gut zehn Milliarden Euro kosten.

VW will sich angeblich auch personell mehr Einfluss bei MAN sichern. So soll Audi-Einkaufsvorstand Ulf Berkenhagen in gleicher Funktion zu MAN wechseln. Schon auf dem Aktionärstreffen Ende Juni will VW die Mehrheit im MAN-Aufsichtsrat. Von den Kandidaten für die Seite der Anteilseigner kommen fünf der acht vorgeschlagenen Manager aus dem VW-Konzern. Den Aufsichtsratsvorsitz soll der 74-jährige Piëch behalten, auch Audi-Chef Rupert Stadler soll erneut in das Gremium gewählt werden. Hinzu kommen den Plänen zufolge VW-Chef Martin Winterkorn, Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch sowie der im Konzernvorstand für die Nutzfahrzeuge zuständige frühere Produktionsvorstand Jochem Heizmann. Diese drei Manager sitzen auch im Aufsichtsgremium von Scania.

Von der operativen Kontrolle bei MAN und dem Zusammengehen mit Scania erhofft sich VW Synergien von 200 Millionen Euro und mehr. In Europa würden beide Lkw-Hersteller und die VW-Nutzfahrzeugsparte zusammen den Wettbewerber Daimler einholen, weltweit käme die Allianz auf einen Platz unter den ersten sieben. Angesichts von Wachstumsraten im globalen Logistik- und Güterverkehrsmarkt im zweistelligen Prozentbereich, verspricht sich VW eine bessere Ausgangsposition. Experten gehen davon aus, dass der Güterumschlag in den nächsten Jahren vor allem in den Schwellenländern noch zunehmen wird und Lastwagen das wichtigste Transportmittel bleiben. Bei Pkw setzt VW bereits erfolgreich gleiche Teile und Komponenten in verschiedenen Modellen ein und kann die Kosten daher deutlich senken.

Grundsätzlich stehe man hinter der Zusammenarbeit mit VW, sagte ein MAN-Sprecher am Dienstag. „Sie entspricht der industriellen Logik und birgt beträchtliches Synergiepotenzial.“ MAN hat nun zehn Tage Zeit, um seinen Aktionären eine Empfehlung zum VW-Pflichtangebot zu geben. mit rtr, dpa

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