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Wirtschaft: VW setzt spanische Tochter unter Druck

Wolfsburger Konzern will auch bei Seat Kosten sparen – es kursieren sogar Gerüchte über einen Verkauf

Berlin - Die Kostendebatte bei VW hat nun auch die spanische Tochter Seat erreicht. Zwar dementierte Volkswagen einen Bericht, wonach Seat vor dem Aus steht. Doch ähnlich wie in den deutschen VW-Werken sollen auch bei Seat Kapazitäten und Arbeitsplätze abgebaut werden. Der „Spiegel“ berichtete am Freitag, die Spanier müssten bis Mitte 2006 Absatz und Ertrag deutlich steigern. Wenn das nicht gelinge „könnte der VW-Konzern die Seat-Fabrik in Martorell für die Fertigung von Modellen anderer Konzernmarken nutzen“. Die Marke Seat „könnte dann beispielsweise von chinesischen Autoherstellern“ übernommen werden. Analysten halten dieses Szenario für abwegig. „Der Verkauf an Chinesen macht keinen Sinn, denn wer Seat kauft, hat den vollen Einblick in den Komponentenkasten des VW-Konzerns“, sagte Albrecht Denninghoff von der Hypo-Vereinsbank dem Tagesspiegel.

Diese Argumentation hält wiederum der Gelsenkirchener Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer für „Quatsch“, weil die Chinesen über ihre Joint-Venture sowieso schon Einblick bei VW hätten. Ein Verkauf von Seat wäre „super“, meint Dudenhöffer, weil VW die spanische Marke nicht brauche. Seat mache mal „ein paar Tage Gewinn“, um dann wieder Verluste einzufahren. Und an dieser Situation habe sich in den vergangenen 20 Jahren nichts geändert.

VW hatte Seat 1986 vom spanischen Staat übernommen. „Die Produktstrategie der Marke Seat zielte auf ein Fahrzeugprogramm mit südländisch-mediterranem Flair, bei kompromissloser Qualität und Zuverlässigkeit“, schreibt der damalige VW-Chef Carl Hahn in seinen Erinnerungen. Seat, erst 1950 gegründet, sollte „zum wichtigsten Baustein für unsere Politik der Europäisierung werden“. Zu Beginn ging das auch gut und Seat steigerte den Absatz im zweistelligen Prozentbereich. Doch in den vergangenen Jahren gab es bestenfalls Stagnation.

2004 verkaufte Seat noch 458000 Autos, das waren 2000 weniger als im Jahr zuvor. Und vor ein paar Tagen erst sagte VW-Konzernchef Bernd Pischetsrieder, dass Seat im bisherigen Jahresverlauf unter den Planvorgaben geblieben sei. Für Marc-André Tonn von der Investmentbank M.M. Warburg ist die Drohung mit dem Verkauf eher taktisch motiviert, um bei den Spaniern Kostensenkungen durchsetzen zu können. Seat verhandelt derzeit mit den Gewerkschaften über entsprechende Maßnahmen. Ein Verkauf an Chinesen kommt für Tonn nicht in Frage, weil „VW kein Interesse daran hat, sich die Konkurrenz einzuladen“.

Bei VW sei im Moment „viel im Fluss“. Gegenwärtig würden Themen diskutiert, die bislang tabuisiert worden seien, sagte Tonn. Alles in allem hat der VW-Konzern Überkapazitäten von schätzungsweise einer Million Autos. Zum Konzern zählen neben der Kernmarke VW auch Audi, Skoda, Seat, Bentley, Lamborghini und VW-Nutzfahrzeuge. Die Konzernspitze hatte in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass in Europa der Kapazitätsabbau mit der Streichung von bis zu 15000 Arbeitsplätzen einhergehe. Besonders gefährdet sind die Standorte Wolfsburg und Brüssel, wo vor allem der Golf produziert wird. In Wolfsburg wird nach dem teuren Haustarif bezahlt, der deutlich über dem Tarifniveau der Wettbewerber liegt. Aktuell wird in Wolfsburg verhandelt, ob der neue, kleine VW-Geländewagen im Stammwerk oder in Portugal gebaut wird, wo die Kosten je Auto nach Angaben des Unternehmens um 1000 Euro niedriger sind als in Wolfsburg. Spätestens am 26. September soll die Entscheidung fallen. VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard will von der Belegschaft Zugeständnisse im Wert von 850 Euro je Auto. Die Marke VW

schreibt bereits seit mehr als einem Jahr rote Zahlen. Seat übrigens nicht: Im letzten Jahr trugen die Spanier 145 Millionen Euro zum Konzerngewinn bei.

Unterdessen teilte VW am Freitag eine Preiserhöhung mit. Zum 14. Oktober werden alle Modelle sowie Zusatzausstattungen der Marke VW um durchschnittlich 1,4 Prozent teurer. Das auf der IAA präsentierte Modell Eos sowie der neue Golf GT und der Golf R32 sind von der Preiserhöhung ausgeschlossen. Die Anhebung liege deutlich unter der Jahresteuerungsrate, hieß es. Im August lag die Inflationsrate bei 1,9 Prozent. VW hatte die Preise zuletzt vor einem Jahr erhöht.

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